LUXEMBURG/KOBLENZ (dpa-AFX) - Die unerfreulichen Nachrichten beim Autozulieferer Stabilus reißen in jüngerer Zeit nicht ab. Die Anteilsscheine befinden sich auf Talfahrt, die Krise der Autoindustrie belastet den im SDax notierten Konzern zunehmend. Kürzlich senkte der Spezialist für Gasfedern, Dämpfer und elektrische Antriebe zum wiederholten Mal seine Umsatzprognose für das laufende Geschäftsjahr. Die jüngsten Zahlen geben den Börsianern derzeit wenig Anlass zu Optimismus. Was im Unternehmen los ist, was die Analysten sagen und was die Aktie macht.

DIE LAGE DES UNTERNEHMENS:

Eintrübung in China, Dieselskandal, Brexit, Handelskrieg - die Liste der negativen Einflussfaktoren auf den Automotive-Sektor ist lang. Insofern ist es wenig überraschend, dass auch Stabilus mittlerweile zu den Leidtragenden zählt. Dabei hatte der Konzern mit Sitz in Luxemburg und Verwaltung in Koblenz im Geschäftsjahr 2017/2018 (Ende September) sowohl beim Umsatz als auch beim operativen Ergebnis deutlich zugelegt. Die zunehmende Nachfrage nach Stadtgeländewagen und gute Geschäfte mit der Industrie gaben Schub.

Das Erlös- und Gewinnwachstum führte noch im November vergangenen Jahres zu einem gut aufgenommenen Ausblick auf das folgende Geschäftsjahr 2018/19, in dem die Umsatzmilliarde geknackt werden sollte.

Allerdings war die Unternehmensführung schon damals ein wenig vorsichtig wegen der schwächelnden Märkte in Europa und China. Bereits die Zahlen für das Auftaktquartal des neuen Geschäftsjahres enttäuschten dann. Stabilus kappte daraufhin seine Erlöserwartungen und machte auch mit Blick auf seine Marge Abstriche. Nachdem auch das zweite Quartal ernüchternd verlief, musste der Zulieferer erneut die Reißleine ziehen. Zwischenzeitlich rechnet der Vorstand um Interimschef Stephan Kessel nur noch mit einem Jahresumsatz auf Vorjahresniveau (960 Millionen Euro). Vom ursprünglich angepeilten Wachstum um fünf Prozent ist keine Rede mehr.

Zwar soll die Marge des um Sondereffekte bereinigten Ergebnisses vor Zinsen und Steuern nach wie vor 15 Prozent erreichen. Allerdings dürfte der Gewinn aufgrund des geringeren Umsatzes ebenfalls zurückgehen. Sinkende Auftragszahlen und Produktionsausfälle im größten Markt Europa wegen des neuen Abgas- und Verbrauchstests WLTP wirken sich negativ aus. Hinzu kommen sich mehrende Zweifel an einer baldigen Lösung des eskalierenden US-chinesischen Handelsstreits. Die bereits seit fast einem Jahr anhaltende Kaufzurückhaltung der Chinesen belastet den Absatz der von Stabilus hergestellten Produkte wie Gasdruckfedern für Motorhauben und Kofferraumklappen.

Trotz aller Probleme zeigt sich Übergangschef Kessel aber unbeirrt und kämpferisch. Er glaubt daran, dass Stabilus einen großen Teil der entgangenen Umsätze bei einer Erholung der Absatzmärkte wieder aufholen kann.

An der Konzernspitze tut sich derweil auch etwas: Dort wird Kessel spätestens am 1. Oktober von Michael Büchsner (44) abgelöst. Büchsner - bislang beim Autozulieferer ZF Friedrichshafen tätig - folgt auf den früheren Vorstandsvorsitzenden Dietmar Siemssen, der mittlerweile an der Spitze des im MDax notierten Verpackungsspezialisten Gerresheimer steht. Auf Büchsner dürften gleich zu Beginn seiner Amtszeit herausfordernde Zeiten warten, denn ein kurzfristiges Ende der Flaute in der Autoindustrie ist nicht in Sicht.

DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:

Bislang haben die überwiegend schlechten Stabilus-Zahlen die Analysten noch nicht dazu bewogen, die Aktien durch die Bank abzustufen. Beim Blick auf die Bewertungen der Experten ergibt sich ein heterogenes Bild. Von den sieben im dpa-AFX-Analyser gelisteten Analysten raten immerhin drei zum Kauf der Aktie und drei zum Halten. Lediglich Hans-Joachim Heimbürger vom Analysehaus Kepler Cheuvreux empfiehlt den Verkauf der Anteilsscheine. Er verweist auf das erneut schwierige zweite Geschäftsquartal des Automobilzulieferers und ist der Auffassung, dass es für Aktienkäufe noch zu früh ist.

Dagegen rät etwa Christian Glowa von der Privatbank Hauck & Aufhäuser weiter zum Kauf. Wie erwartet habe Stabilus ein glanzloses Quartal hinter sich. Positiv sei aber, dass der Cashflow aus dem operativen Geschäft dank eines verbesserten Betriebskapitals im ersten Geschäftshalbjahr weitgehend stabil geblieben sei, unterstrich der Experte.

Nach Ansicht von Sascha Gommel von der Schweizer Bank Credit Suisse seien Verbesserungen bei Stabilus erst ab dem vierten Quartal zu erwarten. Seine Einstufung beließ er dennoch auf "Neutral". In eine ähnliche Richtung geht Analyst Marc-Rene Tonn vom Analysehaus Warburg Research. Er senkte zwar das Kursziel, beließ seine Einstufung aber auf "Hold". Das vierte Quartal des Geschäftsjahres müsse stark ausfallen, um den Ausblick für das Gesamtjahr noch zu erreichen, schrieb der Experte.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Im zurückliegenden Jahr ging es für die Stabilus-Papiere deutlich bergab. Seit ihrem Hoch von 89,35 Euro Mitte Juni 2018 haben die Anteilsscheine fast 55 Prozent an Wert eingebüßt und liegen aktuell nur noch bei gut 40 Euro. Seit Jahresbeginn zählt Stabilus zu den schwächsten Werten im SDax. Gegen Ende November 2018 waren die Papiere immerhin noch über 66 Euro wert, danach ging es aber bis Ende März auf nur noch knapp über 41 Euro nach unten. Zwar folgte danach bis Ende April nochmal eine kleine Erholung auf etwa 53 Euro. Doch seither ging es mit den Papieren wieder kontinuierlich in den Keller.

Vorher nahm die Aktie über mehrere Jahre hinweg eine positive Entwicklung und kletterte bis Juni 2018 konsequent nach oben. Seitdem zeigt der Trend allerdings klar abwärts. Anleger machen aktuell schwere Zeiten durch und haben mit ihren Stabilus-Anteilsscheinen nur wenig Grund zur Freude./eas/men/fba