(neu: Aussagen aus Telefonkonferenz im 3., 9. und 10. Absatz, Analystenstimme im 4. und 9. Absatz, Kurs aktualisiert im 4. Absatz, Details.)

DARMSTADT (dpa-AFX) - Die Software verordnet sich im laufenden Konzernumbau noch höhere Investitionen und will auch stärker auf den Wachstumspfad zurück. Die Pläne des Konzernchefs Sanjay Brahmawar werden die Profitabilität des wachstumsschwachen Softwareherstellers zunächst deutlich stärker belasten als zuletzt in Aussicht gestellt. "Wir sind entschlossen, 2020 Fahrt aufzunehmen", sagte der Belgier laut Mitteilung aus der Nacht zum Mittwoch. Der Vertrieb soll finanziell und personell weiter gestärkt werden, auch in Werbung und Partnerschaften soll weiteres Geld fließen. Ziel: Der Umbau zum Erlösmodell über Abonnements soll schneller werden.

Brahmawar krempelt die Darmstädter seit seinem Amtsantritt im August 2018 um. Der von IBM gekommene Vorstandschef tauschte nach und nach das gesamte Management aus. Zuletzt kündigte auch der seit 18 Jahren amtierende Finanzchef Arnd Zinnhardt seinen Abschied an. "Dank unserer stabilen Finanzlage können wir in die Bereiche des Helix-Programms investieren, die unser Wachstum im Jahr 2020 unterstützen werden", sagte Zinnhardt. Spätestens Ende 2020 übernimmt Matthias Heiden vom Nutzfahrzeugzulieferer SAF-Holland das Finanzressort in Darmstadt.

Die operative Marge wird mit den neuen Maßnahmen im gerade begonnenen Jahr nun spürbar sinken. Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Firmenwertabschreibungen (Ebita) dürfte 2020 nur noch zwischen 20 und 22 Prozent vom Umsatz erreichen, hieß es. Analysten hatten rund 26 Prozent auf dem Zettel, vergangenes Jahr hatte der Softwarehersteller noch 29,2 Prozent erreicht. Brahmawar hatte bereits vor längerem bemängelt, in früheren Zeiten sei zu wenig in die Vertriebspower in Amerika investiert worden. Nun sollen auch die Teams in Asien und Europa aufgestockt werden, was laut Zinnhardt vor allem das Ergebnis im ersten Quartal treffen wird, wie er in einer Telefonkonferenz sagte.

Die Aktie rutschte am Vormittag um über 9 Prozent auf 29,60 Euro ab, was mit Abstand den letzten Platz im Index der mittelgroßen Werte MDax bedeutete. Händler merkten an, die Margenprognose sei deutlich schwächer ausgefallen als ohnehin befürchtet. Die Entwicklung im Zukunftsfeld mit Cloud- und Maschinensoftware sei "schockierend". Die ansteigenden Investitionen würden zu einer Senkung von Markterwartungen führen, schrieb Baader-Bank-Experte Knut Woller.

Seit dem vergangenen Sommer hatte die Aktie noch Auftrieb erhalten, von unter 23 Euro im August kletterte der Kurs im Januar bis auf über 34 Euro. Vom Hoch im Januar 2018 bei 49,80 Euro ist der Titel aber nun noch weiter entfernt entfernt.

Ursprünglich hatte Brahmawar in Aussicht gestellt, dass der Schwenk hin zum Erlösmodell mit Abonnements und weiteren Maßnahmen die Marge 2020 um rund 2 Prozentpunkte schmälern würde. Das seit rund einem Jahr laufende Umbauprogramm bestärkt den Manager jedoch, die Anstrengungen auszuweiten. "Die Erfahrungen, die wir 2019 gemacht haben, helfen uns, neue Investitionen so einzusetzen, dass sie unser Wachstum unterstützen und sicherstellen, dass wir aus den Chancen, die vor uns liegen, das Beste machen", sagte Brahmawar.

Die zusätzlichen Investitionen sollen in der mittleren Frist ein stärkeres Wachstum liefern, das Digitalgeschäft mit Software zur Integration verschiedener IT-Systeme soll im Schnitt jährlich um 15 statt um bisher angepeilte gut 10 Prozent wachsen. Insgesamt dürfte der Konzernumsatz demnach 2023 den Wert von einer Milliarde Euro knacken, das wären gut 12 Prozent mehr als 2019 mit 890,6 Millionen Euro Erlös.

Aber auch auf mittlere Sicht müssen Anleger 2023 mit weniger Profitabilität rechnen, die operative Marge dürfte sich nur zwischen 25 und 30 Prozent bewegen statt bei über 30 Prozent.

In diesem Jahr peilt das Unternehmen im Auftragseingang der Digitalsparte bei den herkömmlichen Produkten ein Plus von 10 bis 15 Prozent gegenüber Vorjahr an, bei den zukunftsträchtigeren Geschäften mit der Cloud und der Vernetzung von Maschinen (IoT) einen Anstieg von 40 bis 60 Prozent. Bisher formulierte der Konzern die Prognose auf Basis von Umsätzen - das sei mit dem Forcieren von Abonnements nicht mehr wirklich aussagekräftig, sagte Zinnhardt, weil Umsätze erst nach und nach gebucht werden könnten. Analyst Sven Merkt von Barclays merkte an, die neue Prognosekennzahl sei schwieriger zu interpretieren.

Zum Jahresabschluss offenbarte das Unternehmen in diesem Wachstumsfeld auch alte Schwächen. Unter anderem weil sich ein größerer Vertragsabschluss ins neue Jahr verzögerte, verfehlte der MDax-Konzern seine Jahresprognose in dem Bereich genauso wie auch die Erwartungen von Analysten. Brahmawar räumte in einer Telefonkonferenz ein, dass der mittlerweile unterschriebene Vertrag mit dem Aufzughersteller Schindler auch nur den "Großteil" der Lücke zur Jahresprognose erfüllt hätte, wäre er noch im vierten Quartal abgeschlossen worden.

Der Umsatz wuchs mit Cloud- und Maschinensoftware 2019 zwar um 39 Prozent, angepeilt hatte Brahmawar jedoch zwischen 75 und 125 Prozent. Bei der Software AG hing die Erfüllung von Prognosen und Erwartungen schon in der Vergangenheit sehr stark von einzelnen, großen Vertragsabschlüssen ab - was auch oft daneben ging. Das ist auch ein Grund dafür, warum die Kunden künftig mehr über Abos bezahlen sollen: Die Geschäfte sind weitaus besser planbar.

Insgesamt kletterte der Konzernumsatz im vergangenen Jahr um 3 Prozent auf 890,6 Millionen Euro, wobei maßgeblich auch Währungseffekte halfen. Die Digitalsparte ohne Cloud- und Maschinensoftware musste dabei einen Umsatzrückgang verkraften, die Datenbanksoftware legte einmal mehr zu. Das operative Konzernergebnis ging um 5 Prozent auf 260,3 Millionen Euro zurück. Unter dem Strich schrumpfte der Gewinn um 6 Prozent auf 155,3 Millionen Euro. Mit den Werten schnitt das Unternehmen auf Konzernebene wie von Analysten erwartet ab./men/eas/mis