Zürich (awp) - In Italien kommt es erst einmal nicht zu einer Regierung der europakritischen Fünf-Sterne-Bewegung und der rechtspopulistischen Lega. Die Regierungsbildung ist am Wochenende gescheitert. Investoren reagieren zunächst erleichtert - auch hierzulande. Allerdings warnen die meisten Experten gleichzeitig, dass mit der politischen Hängepartie auch die Volatilität zurück auf der Agenda ist.

Zu den vorsichtigen Stimmen zählt etwa Thomas Stucki, Anlagechef der St. Galler Kantonalbank. Italien wecke Erinnerungen an Griechenland, lautet sein aktueller Kommentar. Gleichzeitig betont Stucki aber, dass Italien strukturell weniger schwach sei als Griechenland und Norditalien etwa zu den wirtschaftlich stärkeren Regionen in Europa gehöre. Das wiederum erschwere es den anderen Euro-Ländern, Druck auf Italien auszuüben.

Euro-Wechselkurs als Seismograph

Vor allem der Euro-Wechselkurs sei ein guter Seismograph, so der Experte weiter. So habe die Gemeinschaftswährung in den vergangenen Tagen sowohl zum US-Dollar als auch zum Franken deutlich verloren. Die Bewegung sei so stark gewesen, dass in den kommenden Tagen mit einer Gegenreaktion zu rechnen sei.

Tatsächlich hatte der Euro am Montag im frühen Handel erst einmal gegenüber US-Dollar und Franken zugelegt. Gegenüber dem US-Dollar stieg er zunächst bis auf 1,1728 Dollar. Mittlerweile hat er aber einen Teil der Gewinne wieder abgegeben wie der aktuelle Kurs von 1,1690 US-Dollar zeigt.

Zum Franken steht der Euro zeitgleich bei 1,1603. Sein bisheriges Tageshoch hatte er bei 1,1629 Franken gesetzt.

Eine klare Reaktion auf die italienische Politik ist auch am Bondmarkt auszumachen. Nachdem gerade die Schweizer Staatspapiere zusammen etwa mit Deutschen Bundesanleihen in den vergangenen Tagen klare Kursgewinne verbucht hatten, geben ihre Kurse am Montag nach. Gleichzeitig ziehen die Kurse italienischer, aber auch spanischer und portugiesischer Staatsanleihen deutlich an.

Erleichterung macht sich aber auch an den Aktienmärkten bemerkbar. Der Leitindex SMI gewinnt am Vormittag gut ein halbes Prozent hinzu, nachdem er die Vorwoche noch mit einem Minus von zwei Prozent beendet hatte.

Italien bleibt Unruhefaktor

Bei der HSBC warnen die Experten in einem aktuellen Kommentar, dass Italien sich nach dem Wochenende in Richtung Neuwahlen bewege, wobei Umfragen derzeit einen Stimmenzuwachs für die populistischen Parteien signalisierten. Der Regierungsbildungsprozess in Italien bleibe daher auch weiterhin ein potentieller Unruhefaktor.

Dass die Unruhe derzeit leicht erhöht ist, zeigt auch der Schweizer Volatilitätsindex VSMI. Am Freitag war er um 2,3 Prozent gestiegen. Aktuell weist er ein Plus von etwas weniger als einem halben Prozent auf. Der Volatilitätsindex quantifiziert das erwartete Risiko am Schweizer Aktienmarkt.

hr/rw