(Neu: Aussagen aus der Telefonkonferenz, Aktienkurs)

ERLANGEN (dpa-AFX) - Beim Medizintechnik-Konzern Siemens Healthineers halten die Schwierigkeiten im Diagnostikgeschäft an. Hohe Anlaufkosten, verzögerte Installationszeiten sowie Vertriebsprobleme in den USA für das neue Laborsystem Atellica bremsten das Wachstum im dritten Geschäftsquartal. Das Management kappte das Auslieferungsziel für das Gesamtjahr deutlich. Als Konsequenz tauscht die Siemens-Tochter nun den Diagnostikchef aus. Konzernchef Bernd Montag übernimmt künftig selbst die Verantwortung für den Bereich.

Dennoch konnte die im MDax notierte Aktie zu Wochenbeginn punkten. Ihr Kurs stieg bis zur Mittagszeit um knapp 5 Prozent. Starke Zahlen im Brot- und Buttergeschäft mit der Bildgebung, eine bestätigte Prognose sowie die Zuversicht des Managements, seine mittelfristigen Wachstumsziele zu erreichen, waren der Grund dafür. Zudem stellte Finanzchef Jochen Schmitz am Montag in der Telefonkonferenz ein robustes viertes Quartal in Aussicht.

Im dritten Geschäftsquartal bis Ende Juni setzte Siemens Healthineers mit knapp 3,6 Milliarden Euro rund 8 Prozent mehr um als ein Jahr zuvor und profitierte dabei auch von positiven Währungseffekten. Aus eigener Kraft lag das Wachstum bei 5,8 Prozent, angetrieben durch gute Geschäfte mit bildgebenden Systemen, wie das Unternehmen am Montag in Erlangen mitteilte. Die Bildgebung konnte die Umsätze etwa um 8 Prozent auf vergleichbarer Basis steigern.

Das bereinigte operative Ergebnis erhöhte sich um 3 Prozent auf 543 Millionen Euro. Das lag leicht unter den Erwartungen der Analysten. Die viel beachtete bereinigte operative Marge sank um 0,8 Prozentpunkte auf 15,2 Prozent. Hier schlugen die Probleme mit Atellica durch. Negative Währungseffekte trugen ebenfalls einen Teil bei. Nach Steuern verbesserte sich der Gewinn dank niedrigerer Zinsen sowie positiven Steuereffekten um ein Fünftel auf 353 Millionen Euro.

Healthineers leidet bei seinem mit großen Hoffnungen versehenen Atellica-System unter hohen Anlaufkosten und längeren Installationszeiten. Zudem gibt es in den USA-Vertriebsprobleme, wie Montag erläuterte. Im Quartal sank die bereinigte Marge in der Labordiagnostik daher um 3,4 Prozentpunkte auf 7,5 Prozent. Der Konzern stehe in dem Geschäft "vor großen Herausforderungen", räumte Montag ein.

Das Management senkte zudem die Zahl für die geplanten Auslieferungen deutlich. So sollen im Gesamtjahr nur noch 1800 Systeme ausgeliefert werden - nach zuvor prognostizierten 2200 bis 2500 Stück. Healthineers hatte sich bereits zum zweiten Quartal pessimistischer mit Blick auf das ursprüngliche Ziel gezeigt. Die mittelfristig avisierten 7000 Systeme stellte Montag ebenfalls in Frage.

Als Konsequenz wird der im Vorstand für das Diagnostikgeschäft zuständige Michael Reitermann zum 30. September gehen. Montag übernimmt die direkte Verantwortung für den Bereich. Die Weiterentwicklung des Geschäfts sei entscheidend, um zusätzliches Wachstum für den Konzern zu realisieren, erklärte Aufsichtsratschef Michael Sen. Dies sei wichtig für Kunden und Investoren gleichermaßen. Montag bezeichnet Atellica als Schlüssel für den weiteren Erfolg des Unternehmens.

Siemens Healthineers setzt große Hoffnungen in das Atellica-System, das die lange Zeit schwächelnde Labordiagnostik wieder nach vorne bringen soll. Bei der Profitabilität hinkt der Bereich jedoch weiter erheblich hinterher. "Ich glaube fest an Atellica", so Montag, der sich optimistisch zeigt, die Schwierigkeiten überwinden zu können. Er sei zuversichtlich, dass das Diagnostikgeschäft künftig mit oder über dem Markt wachsen und wettbewerbsfähige Margen erzielen werde.

Ihren Ausblick bekräftigte die Siemens-Tochter. Im Geschäftsjahr 2018/19 (per Ende September) geht das Management von einem weiteren Umsatzwachstum aus. Es soll auf vergleichbarer Basis vier bis fünf Prozent betragen und sich damit zum Vorjahr leicht beschleunigen. Dabei zeigte sich Finanzchef Schmitz zuversichtlich, das obere Ende der Spanne zu erreichen. Die operative Marge sieht das Management bereinigt bei 17,5 bis 18,5 Prozent, was einer Verbesserung im Vergleich zum Vorjahr von 17,2 Prozent entspricht. Hier bestätigte Schmitz, die untere Hälfte der Zielspanne zu erreichen.

Überdurchschnittlich soll weiterhin der Gewinn je Aktie zulegen: Um 20 bis 30 Prozent verglichen mit den 1,26 Euro, die Siemens Healthineers 2017/18 erzielt hatte. Dabei vertraut das Management auf eine gute Entwicklung im vierten Quartal - traditionell das stärkste. Auch das Diagnostikgeschäft soll dann eine zweistellige Marge erreichen./nas/stw/jha/