MÜNCHEN (dpa-AFX) - Siemens will am Mittwoch (9.30 Uhr) Details zur langfristigen Ausrichtung des Unternehmens vorstellen. Zuvor präsentieren die Münchner die Zahlen des ersten Geschäftshalbjahres für die neue Konzernstruktur. Am Dienstagabend kündigte Siemens bereits an, die kriselnde Kraftwerksparte ausgliedern und bis September 2020 an die Börse bringen zu wollen. Damit trennt sich der Industriekonzern von einem Bestandteil seines Kerngeschäfts und treibt die Ausrichtung auf digitale Technologien voran.

Unter dem Titel Vision 2020+ hatte Siemens im April seine zahlreichen Geschäftsbereiche in drei operative und drei Strategie-Einheiten aufgeteilt. Zu den drei operativen Bereichen, die seither den Konzernkern ausmachen, gehörte bislang die Kraftwerksparte, das Geschäft mit digitalen Industrieprozessen sowie Lösungen für künftige smarte Infrastruktur.

Bei den strategischen Unternehmen handelt es sich um die Medizintechniksparte Healthineers, die 2018 an die Börse gebracht wurde, die Windenergiesparte, die Siemens mit dem spanischen Unternehmen Gamesa fusioniert hat sowie die Zugsparte Mobility. Letztere wollte Siemens-Chef Joe Kaeser mit dem französischen TGV-Bauer Alstom zusammenlegen, doch die EU-Kommission untersagte den Deal aus Sorge um den Wettbewerb in Europa.

Analysten dürften nun vor allem auf die Kraftwerksparte schauen. Wegen Überkapazitäten und der Energiewende steckt sie in der Krise. Siemens hatte deshalb im vergangenen Herbst den Abbau Tausender Stellen angekündigt und die Standorte neu aufgestellt. Ursprüngliche Pläne, den sächsischen Standort Görlitz zu schließen, hatten bundesweite eine Debatte um die gesellschaftliche Verantwortung von Siemens ausgelöst. Am Ende sah der Konzern von dem Vorhaben ab.

Die neue Gesellschaft soll nun im Zuge des Börsengangs zudem den Mehrheitsanteil von Siemens am Gemeinschaftsunternehmen Siemens Gamesa, der Windkraftsparte, übernehmen, wie der Konzern am Dienstag mitteilte. Siemens gebe zwar die Mehrheit an der Kraftwerksparte ab, bleibe aber als Ankeraktionär engagiert, erklärte der Konzern: "Der Anteil soll anfänglich bei etwas weniger als 50 Prozent liegen und auf Sicht die Sperrminorität nicht unterschreiten." Dass sich der Anteil in Zukunft weiter reduziere, sei nicht ausgeschlossen, sagte ein Sprecher. Sowohl Siemens Gamesa als auch die neue Gesellschaft sollen künftig aus der eigenen Bilanz ausgegliedert werden.

"Angesichts der Gesamtsituation des Geschäftsbereichs im aktuellen Marktumfeld akzeptiert die Arbeitnehmerseite diese Pläne nach intensiver Analyse und Diskussion", teilte die Gewerkschaft IG Metall am Abend mit. "Betroffen sind bundesweit fast 20 Standorte mit zusammen deutlich über 20 000 Beschäftigten."

Die Kraftwerksparte ist schon seit längerem Sorgenkind bei Siemens. Zwar konnte der Konzern über Serviceverträge den Auftragseingang im ersten Quartal 15 Prozent auf mehr als 3,5 Milliarden Euro steigern. Das bereinigte Ergebnis ging jedoch um 50 Prozent auf 119 Millionen Euro zurück. Auch die Umsätze lagen mit 2,85 Milliarden Euro um knapp 10 Prozent unter dem Vorjahresniveau.

Siemens legt am Mittwoch zudem die Zahlen für das zweite Quartal vor - diese sollten allerdings nicht so aufregend sein. Die Experten gehen im Mittel ihrer von Siemens zusammengetragenen Schätzungen von einem wenig spektakulären Quartal aus. Der Auftragseingang und der Umsatz dürften steigen, das Ergebnis der Industriegeschäfte hingegen bei rund 2,2 Milliarden Euro stagnieren. Der Gewinn wird allerdings deutlich unter Vorjahr erwartet, allerdings hatte Siemens im Vorjahresquartal von Steuereffekten und Sondergewinnen profitiert./maa/als/DP/zb