BERLIN/PARIS (dpa-AFX) - Der frühere Wirtschafts- und Außenminister Sigmar Gabriel soll in den Verwaltungsrat des neuen Zug-Konzerns von Siemens und des französischen Unternehmens Alstom einziehen. Er habe die Bundesregierung umfassend über seine geplante Berufung informiert, teilte Gabriel auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch mit. "Selbstverständlich halte ich mich strikt an die in der letzten Legislaturperiode neu geschaffenen gesetzlichen Vorgaben für ehemalige Mitglieder der Bundesregierung".

Alstom-Konzernchef Henri Poupart-Lafarge betonte: "Ich habe viel Respekt vor Sigmar Gabriel". Gabriel stamme aus Salzgitter, wo Alstom "die bedeutendste Fabrik in der Welt" habe. Der Ex-Minister kenne zudem weltweit Märkte und sei kompetent, so Poupart-Lafarge. Auch im Umfeld von Siemens wurde auf die große internationale Erfahrung Gabriels verwiesen.

Siemens und Alstom hatten die Zug-Allianz im vergangenen Herbst angekündigt. Sie soll noch 2018 abgeschlossen werden. Dieser Zeitplan wurde von Konzernchef Poupart-Lafarge bei Vorlage der Jahreszahlen in Saint-Ouen bei Paris am Mittwoch bestätigt. "Wir kommen voran. Das läuft sehr gut mit unseren Partnern." Der neue europäische Gigant soll vor allem Konkurrenz aus China Paroli bieten.

Das Unternehmen werde voraussichtlich Ende des Jahres oder Anfang 2019 seine Arbeit aufnehmen, erklärte Gabriel. "Für die damit dann beginnende Tätigkeit eines neuen Aufsichtsrates würde ich nach Ablauf eines Jahres nach dem Ausscheiden aus der Bundesregierung zur Verfügung stehen." Das entspricht den gängigen Karenzregelungen.

Damit kann der frühere SPD-Chef die neue Tätigkeit frühestens im März 2019 aufnehmen. Die formelle Berufung kann erst erfolgen, wenn es das Unternehmen gibt. Die deutsche und französische Seite hat je sechs Personen für das Gremium vorgeschlagen.

Timo Lange von der Organisation LobbyControl sagte, die umfassende Information Gabriels sei zu begrüßen. Zu prüfen sei aber, ob die volle Länge der Karenzzeit von bis zu 18 Monaten bei Ex-Ministern ausgeschöpft werden sollte. Diese soll gelten, wenn man bei der Ministertätigkeit zum Beispiel eng mit den Konzernen zu tun hatte.

Als Wirtschaftsminister war Gabriel 2014 in einen anderen Übernahmeprozess zwischen Siemens und Alstom eingebunden. Damals ging es aber nicht um den Schienen-, sondern den Kraftwerksbereich. Am Ende bekam der US-Konzern General Electric den Zuschlag für die Übernahme eines Teils des Alstom-Geschäfts, und nicht - wie von Gabriel gewünscht - Siemens.

Gabriel war nach Abschluss der Koalitionsverhandlungen von der neuen SPD-Spitze nicht mehr für die Bundesregierung berücksichtigt worden. Er ist aber weiterhin Bundestagsabgeordneter.

Die neue Zug-Allianz kommt auf rund 15 Milliarden Euro Umsatz, Aufträge von 61 Milliarden Euro und 62 300 Beschäftigte. "Wir teilen mit Siemens dieselbe Vision der Zukunft", sagte Alstom-Chef Poupart-Lafarge. Bisher werde mit den Deutschen über die künftige Organisation gesprochen, aber nicht über das Geschäft. "Wir bleiben Konkurrenten bis zum ersten Tag (des neuen Unternehmens)."

Alstom steigerte seinen Umsatz im abgelaufenen Geschäftsjahr 2017/18 (zum 31.3.) um neun Prozent auf 8 Milliarden Euro. Der ausgewiesene Gewinn stieg auf 475 Millionen Euro nach 289 Millionen Euro zuvor.

Der Zusammenschluss der Bahnsparten muss noch von den Kartellbehörden gebilligt werden. Die Konkurrenzlage in der Branche hat sich dramatisch verändert. Bereits seit einigen Jahren mischt der neue Zug-Riese CRRC aus China im Wettlauf um Bahnaufträge kräftig mit./ir/cb/csc/DP/jha