MÜNCHEN (awp international) - Die Gesamtbetriebsratschefin von Siemens , Birgit Steinborn, hat den fortlaufenden Konzernumbau unter Vorstandschef Joe Kaeser kritisiert. "Seit mehreren Jahren verhandeln wir quartalsweise im Wirtschaftsausschuss Stellenabbauprogramme", sagte sie dem "Tagesspiegel" (Montag). Inklusive der Zugsparte, die mit dem französischen Konzern Alstom zusammengehe, habe der Betriebsrat in den vergangenen viereinhalb Jahren über die Ausgliederung von rund 30 000 Beschäftigten und den Abbau von 15 000 Jobs verhandelt, monierte Steinborn, die auch stellvertretende Aufsichtsratschefin ist.

Siemens hatte im Frühjahr einen Teil seiner Medizintechnik-Sparte an die Börse gebracht und will die Zugfusion mit Alstom bis 2019 abschliessen. Zuletzt kündigte Kaeser an, die bisher fünf Sparten in drei operative Einheiten für Gas und Energie, smarte Infrastruktur und digitale Industrie aufzuteilen. In der Kraftwerkssparte will Siemens zudem weltweit 6900 Arbeitsplätze abbauen, davon rund 3000 in Deutschland. Die Verhandlungen mit den Arbeitnehmervertretern sollen bis Ende September abgeschlossen sein.

Schon beim Medizintechnik-Börsengang hätten sich viele Beschäftigte gefragt, warum dieses "Kerngeschäft" ausgegliedert werde, sagte Steinborn. "Und wer kommt als Nächstes?" Der Gang von einem Abbauprogramm zum nächsten sei "zermürbend". Von den 15 000 Jobs, über deren Abbau verhandelt worden sei, seien unterm Strich rund zwei Drittel weggefallen, indes ohne betriebsbedingte Kündigungen.

Kaesers neue Strategie sei für die Angestellten schwer nachzuvollziehen, kritisierte Steinborn weiter. "Der einzelne Mitarbeiter kann das gar nicht für sich runterbrechen und erklären, was das alles soll." Kaeser will Siemens beweglicher machen und den Sparten mehr Flexibilität einräumen. Um den digitalen Wandel zu gestalten, stellt Siemens in den kommenden vier Jahren bis zu 100 Millionen Euro in einem Zukunftsfonds für Weiterbildungen bereit./als/DP/tav