(neu: Schlusskurse, Commerzbank-Meinung ausführlicher)

FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Osram-Papiere sind am Donnerstag nach dem Anteilsverkauf durch Siemens erheblich unter Druck geraten. Am MDax-Ende verloren die Titel des Lichttechnikspezialisten zum Handelsschluss 4,68 Prozent auf 63,92 Euro, während der Index für die mittelgroßen Unternehmen nur moderat nachgab. Die Siemens-Aktien verloren im Leitindex Dax 1,24 Prozent.

Siemens hatte am Vorabend seine Osram-Aktien bis auf einen geringen Rest für rund 1,2 Milliarden Euro über eine beschleunigte Platzierung an institutionelle Investoren verkauft. Für den Münchener Industriekonzern ist damit das Kapitel Osram nach Jahrzehnten abgeschlossen.

Bei Osram zerplatzen hingegen Übernahmefantasien mancher Anleger. Spekulationen über den Einstieg eines strategisch interessierten Investors, der den gut 17-prozentigen Siemens-Anteil an Osram übernehme, hätten sich nun verflüchtigt, sagte ein Händler. Diese Erwartung müsse "nun ausgepreist werden", begründete er das deutliche Kursminus. Zudem wurde bemängelt, der Verkaufspreis von 65,05 Euro je Osram-Aktie sei zu niedrig.

Die Transaktion zu diesem Zeitpunkt könnte manchen Anleger überrascht haben, auch wenn es in den vergangenen Jahren immer wieder entsprechende Gerüchte gegeben habe, schrieb Analystin Lucie Carrier von der US-Investmentbank Morgan Stanley. Zudem seien die Markterwartungen an Osram mit Blick auf das operative Geschäft zu optimistisch, fuhr sie fort und verwies unter anderem auf die Anlaufkosten für die Fabrik in Malaysia. Carrier stuft die Osram-Aktien weiter mit "Underweight" und einem Kursziel von 54,50 Euro ein.

Jedoch gibt es auch Stimmen, die den Siemens-Ausstieg positiv werten für die Osram-Aktionäre. So dürften die Bullen argumentieren, dass nun die Liquidität der Aktien über einen steigenden Streubesitz zunehme und zudem der Aktienüberhang wegfalle, schrieb Commerzbank-Analyst Sebastian Growe in einer aktuellen Studie. Er rät weiter zum Kauf der Osram-Aktien.

Unter einem Aktienüberhang versteht man Positionen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit verkauft werden und damit kursbelastend wirken können. Werden die Anteile dann tatsächlich veräußert, fällt der Überhang weg. Dies ist zunächst zwar schlecht für den Kurs, tendenziell aber positiv, denn die Unsicherheit um eine anstehende Platzierung ist nicht mehr vorhanden.

Growe merkte jedoch an, dass der erhöhte Streubesitz längst noch nicht ausreiche, um aus Osram einen aussichtsreichen Dax-Kandidaten zu machen. Andere MDax-Werte wie die von Airbus , Deutsche Wohnen und Covestro hätten diesbezüglich zurzeit die Nase vorn.

Zudem wies Growe auf die Sicht der Bären unter den Börsianern hin, die bemängeln dürften, dass Siemens keinen strategischen Käufer für die Osram-Beteiligung gefunden habe, sei es aus Preisgründen oder - im Falle eines Interessenten aus China - aus politischen Motiven. Sehe man über das wohl holpriger laufende Geschäftsjahr 2018 hinweg, bleibe Osram aber eine attraktive Wachtumsstory.

Für die Osram-Aktien war es im überraschend guten September gegen den Trend eher mau gelaufen. Ende des Monats waren sie - belastet unter anderem von einer Abstufung durch das Investmenthaus Redburn - gar bis auf knapp über 63 Euro abgerutscht. Danach hatten sie sich wieder etwas berappelt. Ein Händler mutmaßte nun, dass einige Akteure am Markt den Siemens-Anteilsverkauf wohl bereits geahnt hätten - und begründete damit die Kursschwäche ab Mitte September.

Seit Jahresanfang steht bei den Osram-Aktien allerdings immer noch ein Plus von gut 28 Prozent zu Buche. Der MDax kommt nur auf einen Zuwachs von rund 18 Prozent./ajx/nas/men/ajx/he

Unternehmen im Artikel: Siemens, Osram Licht