FRANKFURT (dpa-AFX) - Mit Technologien für die Herstellung biopharmazeutischer Produkte und Ausstattung für Pharmalabore hat sich das Göttinger MDax-Unternehmen Sartorius in die Herzen der Anleger gespielt. Der Höhenflug der Aktie an der Börse schien in den vergangenen Jahren keine Grenzen zu kennen - doch zuletzt senkten Analysten zunehmend den Daumen. Was beim Unternehmen los ist, was die Experten sagen und was die Aktie macht.

DAS IST LOS BEI SARTORIUS:

Seit seinem Amtsantritt im Mai 2003 hat Konzernchef Joachim Kreuzburg Sartorius durch zahlreiche Übernahmen zu einem Weltkonzern ausgebaut. Aktuell hat sich der Manager vor allem China als nächstes Expansionsziel auf die Fahne geschrieben. Neben dem Ausbau des Hauptquartiers in Göttingen zum Wissenschaftscampus und einem neuen Standbein in Berlin ist vor allem ein massiver Stellenaufbau weltweit im Gange.

Bei Sartorius fing bereits im 19. Jahrhundert alles mit der Wägetechnik an, doch dieser Bereich ist inzwischen fast schon Geschichte. Nach dem Verkauf der Sparte nach Japan vor wenigen Jahren stellt heute ein vergleichsweise kleiner Bereich des Unternehmens noch Geräte zur Messung von Gewichten her. Dies passt in Kreuzburgs Strategie: In den vergangenen zwei Jahrzehnten hat sich das Unternehmen komplett gewandelt und als Zulieferer vor allem für die Pharmaforschung und als Laborausstatter etabliert.

Weil die Pharmaforschung boomt wie nie, profitiert Sartorius aktuell vor allem von seiner Biotechsparte, die etwa Einweg-Bioreaktoren produziert. Sie war vor mehr als zehn Jahren aus der Zusammenlegung des bisherigen Biotechbereichs der Göttinger mit dem französischen Unternehmen Stedim Biotech entstanden. Heute firmiert der Bereich unter dem Namen Sartorius Stedim Biotech.

Hatte die Sparte 2017 noch mit Lieferengpässen zu kämpfen, ist sie aktuell das Zugpferd der Niedersachsen. Weil es im bisherigen Jahresverlauf so gut in dem Geschäftsbereich lief, konnte Kreuzburg zuletzt zur Halbjahresbilanz sogar seine Umsatzziele für das Gesamtjahr 2019 anheben. So sollen die Erlöse nun um etwa 10 bis 14 Prozent steigen, nachdem zuvor noch 7 bis 11 Prozent angepeilt waren.

Dagegen hinkt das Wachstum der kleineren Laborsparte, die Sartorius noch 2017 etwa mit dem Zukauf des US-Unternehmens Essen Bioscience gestärkt hatte, bereits seit dem vergangenen Jahr hinterher. Bei der jüngsten Bilanzvorlage machte der Sartorius-Chef hierfür vor allem das schwächere und unsichere Konjunkturumfeld verantwortlich. Die Biotech-Sparte gilt dagegen als als konjunkturresistenter, da zum Beispiel einmal begonnene Forschungsprojekte in der Regel weniger aus Kostengründen abgebrochen werden, sondern eher bei mangelndem Erfolg.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Im September 2018 hatte Sartorius nach einer jahrelangen Kursrally - binnen vier Jahren hatte sich der Kurs fast versiebenfacht - den Sprung in den Index der mittelgroßen Werte MDax geschafft. Darauf folgte eine mehrmonatige Konsolidierung mit einem Kursrutsch bis auf 103,50 Euro Anfang 2019. Anleger machten zunächst lieber Kasse, was nach einem solchen Kurssprung nicht ungewöhnlich ist. Hinzu kam ein insgesamt schwieriges Aktienmarktumfeld.   

Anfang 2019 nahmen die Papiere aber wieder Schwung auf: Auch getrieben von überzeugenden Geschäftszahlen stiegen sie bis auf ein Rekordhoch von 195,40 Euro im Juli. Seither ging es zwar wieder um gut zehn Prozent abwärts, allein seit dem Jahresbeginn summiert sich das Plus aber immer noch auf rund 60 Prozent. Damit zählen Sartorius-Papiere für 2019 bisher zu den drei Topwerten im MDax.

DAS SAGEN DIE ANALYSTEN

Die von der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX erfassten zehn Experten sind nach dem steilen Kursanstieg der vergangenen Monate überwiegend vorsichtig. Fünf raten zum Verkauf der Papiere, vier zum Halten und mit Alexander Neuberger vom Bankhaus Metzler spricht nur einer eine Kaufempfehlung aus. Sein Kursziel liegt bei 190 Euro und damit deutlich über dem durchschnittlichen Ziel der Analysten von knapp 156 Euro.

Sartorius verfüge über alle Zutaten, um auch ein starkes drittes Quartal abzuliefern, erklärte Neuberger erst kürzlich. Er verwies auf eine gute Berechenbarkeit der Auftragsentwicklung durch das Management, die üblicherweise bei sechs Monaten liege. Daher, und weil der Konzern - zumindest abseits des Geschäfts mit Laborausrüstung - eher weniger abhängig von der allgemeinen Konjunkturlage sei, impliziere die jüngste Erhöhung der Umsatzprognose ein robustes zweites Halbjahr.

Sven Kürten von der DZ Bank rechnet indes damit, dass sich das aktuell hohe - und im Vergleich zur gesamten Biopharmabranche überdurchschnittliche - Wachstum von Sartorius in den kommenden Jahren wieder normalisieren dürfte. Daher rät er weiter zum Verkauf der Aktien, wenngleich er den fairen Wert nach den Halbjahreszahlen von 128,70 auf 147,50 Euro anhob.

Noch vorsichtiger ist Analyst Aliaksandr Halitsa von der Privatbank Hauck & Aufhäuser. Er hält die mittel- bis langfristigen Aussichten zwar für positiv, sieht aber das Risiko eines kurzfristig weniger positiven Nachrichtenflusses, da ein langsameres Umsatzwachstum drohe. Halitsa hob zwar sein Kursziel nach der Vorlage der Halbjahreszahlen von 130 auf 135 Euro an, beließ es aber beim Verkaufsvotum./mis/tav/ag/jha/