FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Privatbank Berenberg stellt die aktuelle Präferenz der Anleger für Billigflieger infrage. Analyst Adrian Yanoshik erklärte in einer am Dienstag vorliegenden Branchenstudie, er ziehe die auf Langstrecken ausgerichteten Fluggesellschaften vor. Aktuell zeichneten sich für die Langstrecken-Anbieter Chancen ab, die in den Kursen längst nicht berücksichtigt seien.

Mit Yanoshik, der seit April bei Berenberg ist, nimmt die Privatbank nach einer längeren Pause von gut zwei Jahren die Luftfahrtbranche wieder unter Beobachtung. Der Experte wies darauf hin, dass er zu einem späten Stadium im Zyklus einsteige, in dem die Margen der Unternehmen bereits zurückgingen. Während der hiesige Platzhirsch Lufthansa dem Experten in seiner ersten Einschätzung nur eine "Hold"-Empfehlung wert ist, startete er die ausländischen Konkurrenten Air France-KLM und IAG mit "Buy". Billigflieger Easyjet ("Sell") und Ryanair ("Hold") stehen ebenfalls hintenan.

Dass die Bewertung der großen Fluggesellschaften aktuell unter ihrem historischen Durchschnitt liege, sieht der Experte positiv. Dies biete eine Unterstützung für die Aktienkurse, sollten die Ticketpreise in den kommenden Monaten steigen. Bei der Lufthansa hingegen sei der Anteil von Kurzstrecken recht hoch.

Seine zögerliche Haltung bei Billigfliegern und Kurzstreckenanbietern begründete der Analyst vor allem mit deren Perspektiven im Jahr 2019. Weil die Anbieter ihre Kapazitäten noch stärker als im laufenden Jahr ausbauten, sei mit einem zunehmenden Wettbewerb inklusive Preisdruck auf der Kurzstrecke zu rechnen. Dabei geht er durchaus noch von guten Startbedingungen wie einer starken Nachfrage, moderaten Treibstoffpreisen und sehr niedrigen Finanzierungskosten aus. Insbesondere Europa werde aber eine sehr wettbewerbsintensive Region auf der Kurzstrecke bleiben.

Anders sei die Lage hingegen auf der Langstrecke. Dort prognostiziert der Experte für das kommende Jahr eine Verlangsamung des Kapazitätsausbaus. Positiv hinzu komme die Aussicht auf eine - dank eines prognostizierten Wachstums der Weltwirtschaft - steigende Nachfrage. Yanoshik räumt zwar ein, dass Anbieter aus dem Nahen Osten und Asien die Durchschnittserlöse auf den nach Osten gehenden Strecken drücken könnten - eine Destabilisierung des Preisgefüges in der Industrie sei von ihnen aber nicht zu erwarten.

Nach Ansicht des Analysten werden demgegenüber die Effekte der jüngsten Branchenkonsolidierung durch die Anleger zu hoch bewertet. Der Wegfall von Air Berlin und die Insolvenz der österreichischen Niki hätten nicht zu weniger, sondern zu mehr Wachstum geführt. Er geht davon aus, dass auch weiterhin frei werdende Kapazitäten am Markt einfach durch den Wettbewerb besetzt werden. Durch den zunehmenden Preisdruck sollten in Zukunft wieder die Kosten stärker in den Fokus rücken.

Mit der Empfehlung "Buy" sieht Berenberg auf Sicht von zwölf Monaten ein nachhaltiges Kurspotenzial von mehr als 15 Prozent für die Aktie. Mit "Hold" sieht das Institut ein begrenztes Aufwärts- oder Abwärtspotenzial ohne einen unmittelbaren Kurstreiber. "Sell" wiederum bedeutet ein nachhaltiges Kurs-Abwärtspotenzial von mehr als 15 Prozent./tav/tih/fba

Analysierendes Institut Berenberg.