FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Übernahme des Großteils von Air Berlin hat der Lufthansa neben hohen Gewinnen einige Bauchschmerzen bereitet. Doch während ihre Billigtochter Eurowings noch den Air-Berlin-Deal verdaut, hat Lufthansa-Chef Carsten Spohr bereits ein Auge auf den Ferienflieger Condor geworfen. Was los ist bei Europas größter Fluggesellschaft, was Analysten sagen und was die Aktie macht:

DAS IST LOS BEI DER LUFTHANSA:

Mit dem Air-Berlin-Deal hat die Lufthansa ihre Dominanz auf dem deutschen Luftfahrt-Markt noch einmal kräftig ausgebaut. Doch der Aufstieg der Billigsparte Eurowings zu Europas drittgrößtem Billigflieger hat ihr bisher keine steigenden Gewinne gebracht - im Gegenteil. Im vergangenen Jahr trieben die teure Integration und hohen Kosten durch Verspätungen und Flugausfälle das Ergebnis der Tochter in die roten Zahlen. Zudem nahmen zuletzt fallende Ticketpreise und steigende Treibstoffkosten die Airline in die Zange.

Die Folge: Im typischerweise ohnehin schwachen ersten Quartal explodierten die Verluste. Spohr und seine Mannschaft strichen die Wachstumspläne für Eurowings für 2019 auch deshalb auf Null zusammen. Denn im Preiskampf mit Rivalen wie Ryanair und Easyjet soll Eurowings nicht noch mehr Geld verlieren. Nach dem Willen der Lufthansa-Führung soll das Überangebot an Flugtickets nicht noch stärker wachsen.

Eurowings habe mit jetzt 200 Flugzeugen "ein gutes Niveau erreicht", sagte Spohr kürzlich der "Neuen Zürcher Zeitung". Jetzt stehe die Verbesserung der Profitabilität im Vordergrund. Doch für den Gesamtkonzern sieht es derzeit weniger nach steigenden Gewinnen aus. Finanzchef Ulrik Svensson rechnet für 2019 mit einer operativen Gewinnmarge (bereinigte Ebit-Marge) von 6,5 bis 8 Prozent. Bei dem angepeilten Umsatzplus von rund 5 Prozent liefe dies auf einen operativen Gewinn von 2,4 bis 3,0 Milliarden Euro hinaus.

Diese Prognose hatte Analysten bereits im März enttäuscht, nachdem die Lufthansa im operativen Geschäft 2017 fast 3 Milliarden Euro und im vergangenen Jahr trotz hoher Sonderkosten immer noch 2,8 Milliarden Euro verdient hatte. Inzwischen hat auch der Luftfahrtverband IATA seine Gewinnprognose für die Fluggesellschaften weltweit deutlich gekappt. Steigende Treibstoffpreise und die Handelsstreitigkeiten zwischen den USA und China fordern ihren Tribut.

Die Lufthansa ficht dies bisher kaum an. Auch um künftig Kerosin zu sparen, steckt das Unternehmen eine Milliardensumme in 40 moderne Langstreckenjets von Boeing und Airbus. Und nachdem der Reiseveranstalter Thomas Cook (Neckermann Reisen) aus Geldnot seine gesamte Airline-Sparte zum Verkauf gestellt hat, will sich Spohr den dazugehörigen deutschen Ferienflieger Condor einverleiben, an dessen Gründung der Kranich-Konzern in den 1950er Jahren bereits beteiligt war. Allerdings ist die Lufthansa nicht der einzige Interessent - und es ist offen, was die EU-Kommission als Wettbewerbsbehörde dazu sagt.

DAS SAGEN ANALYSTEN:

Die meisten im dpa-AFX Analyser erfassten Branchenexperten sind der Lufthansa-Aktie positiv zugetan. Das liegt jedoch nicht so sehr an der Aussicht auf bessere Geschäfte der Airline, sondern daran, dass die Aktie nach fast anderthalb Jahren Sinkflug an der Börse vergleichsweise günstig zu haben ist. Von 18 Analysten empfehlen derzeit 11 das Papier zum Kauf, 7 raten zum Halten und nur einer plädiert dafür, die Aktie abzustoßen. Den Aktienkurs sehen sie mit Blick auf die nächsten 12 Monate im Schnitt auf dem Weg in Richtung 25 Euro. Das wäre ein Plus von rund 40 Prozent zum derzeitigen Kurs.

Zwar klaffen die Prognosen der Analysten deutlich auseinander. Doch selbst die pessimistischste Expertin, Rishika Savjani von der britischen Investmentbank Barclays, traut dem Papier noch einen leichten Kursanstieg auf 18,70 Euro zu. Positiv wertet sie den gestoppten Ausbau des Flugangebots bei Eurowings. Nach dem jüngsten Verfall der Ticketpreise könne dies im Rest des Jahres die Gewinnentwicklung stützen. Die Gewinnentwicklung in der Branche hänge jetzt vor allem von der Ticketnachfrage ab, schätzt UBS-Analyst Jarrod Castle.

Nach Ansicht von Guido Hoymann vom Bankhaus Metzler hat der Lufthansa-Vorstand bei Eurowings aber noch einige Aufgaben zu erledigen. Während das Geschäft der klassischen Konzernfluglinien Lufthansa, Swiss und Austrian Airlines gut laufe, stehe die Billigtochter vor dem Problem, dass sie sowohl Geschäftsreisenden als auch typischen Billigflug-Kunden und Reiseveranstalter-Gästen gerecht werden müsse. Dies mache es der Airline schwer, sich ein klares Profil zu verschaffen.

Sollte die Übernahme des Ferienfliegers Condor gelingen, würde dies wohl kaum einfacher. Branchenexperte Johannes Braun vom Analysehaus Mainfirst hält diesen Deal daher auch weniger für eine günstige Gelegenheit, als vielmehr für einen notwendigen Schritt. Denn Condor besitze attraktive Start- und Landerechte an wichtigen deutschen Flughäfen wie Frankfurt und Düsseldorf, an denen auch Ryanair und Easyjet interessiert sein könnten. Er rechnet daher mit einem Bieterkampf um Condor - was den Preis in die Höhe treiben dürfte.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Der Höhenflug der Lufthansa-Aktie nach der Air-Berlin-Pleite 2017 ist längst Geschichte. Wer dachte, dass Europas größte Fluggesellschaft auf dem Heimatmarkt nun die Ticketpreise diktieren und ihre Gewinne immer weiter steigern könnte, wurde spätestens angesichts der Konkurrenz durch Ryanair & Co. und den steigenden Ölpreis eines Besseren belehrt. Hatte die Kranich-Aktie nach einem monatelangen Steigflug Anfang 2018 mit 31,26 Euro noch ein Rekordhoch erreicht, wird sie derzeit mehr als 40 Prozent niedriger gehandelt.

Zwar geriet die Aktie 2018 auch in den allgemeinen Abwärtssog an den Finanzmärkten, in dessen Zuge der Dax binnen zwölf Monaten rund 18 Prozent an Wert verlor. Doch auch von der Erholung der Märkte Anfang 2019 profitierte die Lufthansa-Aktie letztlich nicht. Während der Dax seit dem Jahreswechsel knapp 14 Prozent zulegte, ging es für die Lufthansa-Aktie um knapp elf Prozent abwärts.

Aus Sicht von Analysten hat der Abschwung zumindest ein Gutes: Wer der Lufthansa ab jetzt wieder bessere Geschäfte zutraut, hat jetzt die Chance, vergleichsweise günstig als Aktionär einzusteigen. Der Finanzinvestor und Hedgefonds Lansdowne Partners hat bereits zugeschlagen und stieg im Mai zum größten Lufthansa-Aktionär auf./stw/eas/mis