BERLIN (dpa-AFX) - Die einflussreiche NRW-Landesgruppe der SPD-Bundestagsfraktion hat von der Bundesregierung deutliche Nachbesserungen am geplanten Gesetz zum Kohleausstieg gefordert. Entschädigungslose Stilllegungen mit hohem Klagerisiko gefährdeten den breiten gesellschaftlichen Konsens der Kohlekommission, erklärte der Vorsitzende der NRW-Landesgruppe, Achim Post, am Dienstag in Berlin. "Wir brauchen jetzt substanzielle Veränderungen im Gesetzgebungsverfahren." Es sei unerlässlich, dass die Kritik von Gewerkschaften, Unternehmen und Ruhrgebietskommunen jetzt im Bundeswirtschaftsministerium aktiv aufgegriffen werde.

Damit nimmt die Debatte über eine geplante Regelung im Gesetzentwurf zum Kohleausstieg weiter Fahrt auf. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) trifft sich am späten Nachmittag mit Vertretern der Steinkohlewirtschaft. Auch die NRW-Landesregierung soll dem Vernehmen nach vertreten sein.

Das Bundeskabinett hatte nach langem Ringen ein Gesetz auf den Weg gebracht, das den Ausstieg aus der Braun- und Steinkohle bis spätestens 2038 regelt. Umstritten sind Regelungen zur Entschädigung für das Abschalten von Steinkohlekraftwerken. Die Zahlungen sind laut Gesetzentwurf gestaffelt und sollen sich Jahr für Jahr deutlich verringern - ab 2027 soll über Ordnungsrecht und ohne Entschädigung abgeschaltet werden.

Für Betreiber von Braunkohlekraftwerken soll es für das vorzeitige Abschalten von Kraftwerken Milliardenentschädigungen geben - Zwangsstilllegungen sind im Gegensatz zur Steinkohle nicht geplant.

Post sagte, es dürfe keine Ungleichbehandlung von Steinkohlestandorten im Ruhrgebiet und Braunkohlestandorten geben. Das höchste Gut in Wirtschaft und Politik sei Planungssicherheit. Außerdem müsse die Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) gesichert werden und die "Versorgungssicherheit" des Industriestandortes NRW gewährleistet werden. Die Bürger erwarteten zu Recht, dass NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) die Interessen des Ruhrgebiets "kraftvoller" vertrete.

An den geplanten Regelungen zu Steinkohlekraftwerken gibt es bereits massive Kritik auch von Verbänden. Der Energieverband BDEW monierte, die Regeln würden für die Kraftwerksbetreiber - zumeist Stadtwerke - erhebliche Verluste bedeuten. "Damit wird ausgerechnet die Investitionsfähigkeit kommunaler Unternehmen geschwächt, die gemeinsam mit ihren Städten in Erneuerbare Energien investieren müssen." Auch der BDEW wandte sich gegen gesetzliche Stilllegungen ohne Entschädigungen. "Es geht hier um keine Kleinigkeit, sondern um einen schwerwiegenden Eingriff in das Eigentum von Unternehmen", erklärte der Verband auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur.

Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) hatte ebenfalls Nachbesserungen am Gesetz gefordert. Ein VKU-Sprecher hatte gesagt, die Regelungen des Gesetzentwurfs hätten erhebliche Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit bei Wärme wie Strom. Diese würden enormen wirtschaftlichen Schaden vor allem bei kommunalen Kraftwerksbetreibern und bei ihren kommunalen Eignern anrichten./hoe/DP/mis