BERLIN/ESSEN (dpa-AFX) - Die Kommission der Bundesregierung zum Kohleausstieg steuert wegen umstrittener Rodungsarbeiten des Energiekonzerns RWE für einen Tagebau auf Konflikte zu. RWE verteidigt die ab Oktober geplanten Arbeiten gegen massive Proteste von Umweltverbänden und nennt sie "zwingend erforderlich". Ansonsten drohe letztlich die Stromerzeugung in Kraftwerken in Frage gestellt zu werden, wie aus einem Schreiben von RWE-Chef Rolf Martin Schmitz an die Vorsitzenden der Kommission hervorgeht. Das Schreiben lag der Deutschen Presse-Agentur am Montag vor.

Längerfristige Unterbrechungen bei der sogenannten Vorfeldfreimachung

- zu der die Rodung gehört - führten zu Betriebsstillständen, heißt

es in dem Schreiben. "Angesichts der Dringlichkeit für die Aufrechterhaltung eines planmäßigen Betriebsfortgangs und damit der Vermeidung erheblicher ökonomischer Risiken für unser Unternehmen ist es somit nicht möglich, in der kommenden Rodungsperiode auf die Vorfeldfreimachung zu verzichten."

Das Schreiben kommt kurz vor der nächsten Sitzung der Kohlekommission am Donnerstag. Das Gremium soll bis Ende des Jahres einen Ausstieg aus der Kohle ausarbeiten und Vorschläge für Finanzierung und Gestaltung des Strukturwandels in Regionen wie der Lausitz und dem Rheinischen Revier vorlegen. In der Kommission sind Politik, Wirtschaft, Gewerkschaften, Branchen- und Umweltverbände vertreten - außerdem auch Bürgerinitiativen aus den betroffenen Kohleregionen.

"Die Rodung zerstört nicht nur einen Urwald, sondern jedes Vertrauen in die Arbeit der Kohlekommission", sagte Grünen-Chefin Annalena Baerbock. Wenn die Kommission keine Farce sein solle, dann müssten Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) der Öffentlichkeit klar machen, dass es ein sofortiges Moratorium geben müsse. "Die Bundesregierung hat das Gremium eingesetzt, jetzt muss sie dafür sorgen, dass es auch vertrauensvoll arbeiten kann."

Greenpeace-Geschäftsführer Martin Kaiser kritisierte, RWE versuche mit den Rodungen Fakten zu schaffen, bevor die Kommission einen Plan für den Kohleausstieg erarbeitet habe. Auch ohne die Kohle unter dem Hambacher Forst habe RWE noch genügend Brennstoff, um noch viele Monate seine Kraftwerke betreiben zu können.

WWF-Klimaexperte Michael Schäfer sagte: "Die Räumung und Rodung des Hambacher Forsts würde die Arbeit der Kohlekommission negativ beeinflussen." BUND-Bundesgeschäftsführer Olaf Bandt kritisierte, RWE wolle aus ökonomischem Kalkül Fakten schaffen. "Wer so agiert, gießt Öl ins Feuer eines schwelenden Konfliktes und gefährdet den gesellschaftlichen Konsens, der in der Kohle-Kommission erzielt werden soll."

RWE sieht keinen Zusammenhang zwischen der Arbeit der Kommission und den "betrieblich nun notwendigen" Rodungen für die Kohlegewinnung der nächsten Jahre aus dem Tagebau Hambach, wie aus dem Schreiben von Schmitz mit Datum 17. August hervorgeht.

Seit Jahren halten Klimaaktivisten Teile des uralten Waldgebiets am Hambacher Forst besetzt. Sie leben teilweise in Baumhäusern, die nur in Kletteraktionen erreicht werden können. Bei den nächsten Rodungen im Hambacher Wald will RWE mehr als die Hälfte des Waldes fällen.

Ein breites Bündnis aus Betroffenen, Naturschützern und kirchlichen Organisationen forderte am Montag ein sofortiges "Braunkohle-Moratorium" für Rodungen, Umsiedlungen und Abrissarbeiten im Rheinland. Durch die geplanten Arbeiten von RWE drohe eine Eskalation des Konflikts und eine massive Störung des sozialen Friedens, heißt es in einem Appell./sil/DP/she