DÜSSELDORF (dpa-AFX) - Ein unabhängiger Gutachter muss aus Sicht der Grünen zügig die Kosten des Ausstiegs aus der Braunkohleverstromung und die Verantwortung des Energiekonzerns RWE klären. Der Dürener Bundestagsabgeordnete und Energie-Experte Oliver Krischer warf der schwarz-gelben Landesregierung vor, das Problem der sogenannten Ewigkeitslasten bei der Braunkohle vollkommen auszublenden. "Das ist fahrlässig", sagte der Bundestagsfraktionsvize der Deutschen Presse-Agentur in Düsseldorf. "RWE behauptet, alle Kosten seien gedeckt, aber es gibt keine Transparenz."

Nach dem Ausstieg aus der Braunkohle werde dauerhaft Wasser abgepumpt werden müssen, sagte Krischer. Allein für diese Aufgabe sei voraussichtlich ein zweistelliger Milliardenbetrag zu veranschlagen.

Auch die energiepolitische Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion Wibke Brems betonte, Leitlinien für den Ausstieg aus der Kohle und die Umgestaltung des Rheinischen Reviers seien in NRW unverzüglich zu beschließen statt auf Ergebnisse der Kohle-Kommission zu warten. "Es ist klar, was man in der Region machen muss."

Die von der Bundesregierung eingesetzte Kohlekommission besucht am Mittwoch das Rheinische Tagebaurevier. Sie soll Vorschläge für den Strukturwandel in den Kohlerevieren und ein Ausstiegsdatum erarbeiten.

Die Landtagsfraktion der Grünen will bereits in der kommenden Woche ein eigenes Konzept beschließen. "Die Erfahrung aus dem Ruhrgebiet lehrt uns, dass es schadet, den unvermeidlichen Niedergang des Bergbaus zu verzögern", heißt es in der 13-seitigen Vorlage.

Das Konzept sieht unter anderem Fonds für Ewigkeitslasten und Hightech-Gründungen vor. Die Grünen schlagen vor, das Rheinische Revier zur bundesweit führenden Modellregion für digitale Wirtschaft und Verwaltung sowie autonome Elektromobilität zu entwickeln. Die vielen regionalen Zuständigkeiten müssten für das "Digitale Revier" in einer Planungseinheit zentralisiert werden.

"Das Kirchturmdenken muss überwunden werden", betonte Brems. Bislang herrsche Kleinstaaterei bei den Zuständigkeiten im Rheinischen Revier mit zwei Bezirksregierungen, vier Landkreisen, 44 Städten und Gemeinden und unterschiedlichen Verkehrsverbünden.

Der Bund will den deutschen Kohleregionen ein Sofortprogramm mit insgesamt 1,5 Milliarden Euro für den Ausstieg zur Verfügung stellen. "Aber das Rheinische Revier ist schlecht aufgestellt", urteilt Krischer über seine Heimat. "Es gibt ein breites Irgendwas in meiner Region. In der Lausitz gibt es dagegen schon sehr klare Vorstellungen."

Beim Ausbau mit schnellem Breitband und 5G-Mobilfunk fordern die Grünen Vorfahrt für die jahrelang benachteiligten Tagebaurand-Kommunen. RWE müsse zudem zügig Klarheit schaffen, welche Bergbau- und Kraftwerksflächen das Unternehmen mittel- und langfristig nicht mehr benötige, damit das Gebiet gezielt entwickelt werden könne. "Dabei kann nicht einseitig das Profitinteresse von RWE maßgeblich sein", heißt es im Konzept der Grünen.

Ein Braunkohleausstiegsdatum enthält es nicht. Die Beschlusslage der Partei sieht 2030 vor. Für Krischer ist aber etwas Anderes entscheidend: "Im Rheinischen Revier stehen die ältesten Kraftwerke." Hier müssten zu Beginn des Ausstiegsprozesses die meisten vom Netz genommen werden./beg/DP/stk