ERLANGEN/AMSTERDAM (dpa-AFX) - Der Medizintechnikkonzern Siemens Healthineers hat einen durchwachsenen Start ins neue Geschäftsjahr erwischt. Während das Hauptgeschäft mit der bildgebenden Diagnostik rund läuft, gerät ausgerechnet der Hoffnungsträger, die Labordiagnostik, ins Stocken. Grund sind Probleme bei der Installation des neuen Systems Atellica. Siemens Healthineers verfehlte so die Ergebniserwartungen der Analysten. Dagegen trumpft der niederländische Konkurrent Philips mit einem starken Wachstum auf und kann auch beim Ergebnis besser abschneiden als erwartet.

Philips konnte in seinem vierten Quartal im Gegensatz zu Siemens Healthineers in seinem ersten Quartal nicht nur bei Umsatz und Ergebnis stärker wachsen, der Konzern übertraf auch die Erwartungen der Analysten. Investoren griffen bei den Aktien der Niederländer zu, das Papier stieg an der Euronext in Amsterdam um 1,5 Prozent. Dagegen hatte Siemens Healthineers deutlich das Nachsehen: Die Anteilsscheine des im MDax notierten Konzerns brachen um fast 5 Prozent ein.

Philips wuchs in den letzten drei Monaten des Jahres deutlich stärker als die Tochter des Elektrokonzerns Siemens. Neben dem klassischen Medizintechnikgeschäft für Diagnose und Behandlung hat Philips im Gegensatz noch ein Konsumentengeschäft. Hier verkaufen die Niederländer unter anderem Zahnbürsten, Küchengeräte und Rasierer, aber auch Hilfen für die Schlaf- und Atemtherapie.

Auf vergleichbarer Basis, die unter anderem Währungseffekte ausklammert, konnte Philips seinen Umsatz um 5 Prozent auf 5,6 Milliarden Euro steigern. Vor allem das Geschäft mit Diagnose- und Behandlungsgeräten lief gut, wohingegen die Datensparte stabil blieb, wie Philips in Amsterdam mitteilte.

Siemens Healthineers fiel dagegen mit einem vergleichbaren Wachstum von 2,5 Prozent auf 3,3 Milliarden Euro etwas ab, und lag damit im Rahmen der Analystenschätzungen. Dabei legten sowohl das Geschäft mit der bildgebenden Diagnostik als auch die Labordiagnostik zu. Und auch beim Ergebnis schnitt Philips im Gegensatz zur Konkurrenz besser ab: Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Firmenwertabschreibungen legte im vierten Quartal um knapp 10 Prozent auf 971 Millionen Euro zu.

Bei Siemens Healthineers stagnierte der bereinigte operative Gewinn dagegen bei 545 Millionen Euro. Die Entwicklung habe "Licht und Schatten" gezeigt, kommentierte Konzernchef Bernd Montag daher bei der Veröffentlichung der Zahlen am Dienstag. Eine robuste Entwicklung in der Bilddiagnostik konnte sinkende Gewinne im Laborgeschäft nicht vollständig ausgleichen. Zusätzlich belasteten negative Währungseffekte.

In Erlangen hat derzeit der Hochlauf von Atellica Priorität. Dieses System soll das lange schwächelnde Labordiagnostikgeschäft von Siemens Healthineers nach vorne bringen. Doch der Aufbau und die Inbetriebnahme der komplexen Systeme kostet mehr Zeit als gedacht und führt zu höheren Kosten. Dies belastet die Ergebnisse. Der Konzern will jetzt die Vermarktungsprozesse weiter straffen, die Entscheidungswege verkürzen. Vor allem große Labore hätten zuletzt Bestellungen für Atellica aufgegeben, das aus verschiedenen Modulen entsprechend den Wünschen der Kunden zusammengesetzt wird. Die Installation der damit größeren und anspruchsvolleren Systeme dauere daher länger als geplant, so Montag, der ein Produktproblem verneinte.

Früheren Angaben zufolge dauert es von der Auslieferung an drei bis vier Monate, bis die ersten Umsätze erzielt werden. Insgesamt lieferte der Konzern im Quartal mehr als 370 Systeme aus und so deutlich weniger als im Vorquartal. An der Prognose, 2200 bis 2500 Systeme in diesem Jahr zu liefern, hielt der Konzern fest - auch wenn Montag einräumte, das Ziel sei "ambitionierter" geworden.

Dagegen konnte Siemens Healthineers das Ergebnis in seinem größten Geschäftsfeld, der Bildgebung, verbessern, und verdiente dort 7 Prozent mehr als im Vorjahr. Mit einer bereinigten operativen Marge von 20 Prozent ist der Bereich erheblich profitabler als die Labordiagnostik, die im ersten Quartal auf nur 8,1 Prozent kam, deutlich weniger als noch im Vorjahreszeitraum. Mit dem Ergebnis im Diagnostikgeschäft sei er nicht zufrieden, räumte Montag ein.

Den Ausblick für das bis Ende September laufende Geschäftsjahr bekräftigte Siemens Healthineers. Im neuen Geschäftsjahr geht der Konzern von einem weiteren Umsatzwachstum aus, es soll vergleichbar vier bis fünf Prozent betragen und sich damit im Vergleich zum Vorjahr leicht beschleunigen. Die operative Marge sieht das Management bereinigt bei 17,5 bis 18,5 Prozent, was eine Verbesserung im Vergleich zum Vorjahr entspricht, als 17,2 Prozent erreicht wurden.

Auch Philips bleibt bei seinen Wachstumszielen. Bis 2020 will der Konzern unter anderem im Schnitt um 4 bis 6 Prozent jährlich wachsen./nas/mne