BERLIN (dpa-AFX) - Das Geschäft mit digital bestellten Essenslieferungen boomt. Davon profitiert auch der Kochboxen-Versender Hellofresh. Das 2011 gegründete Berliner Start-up bietet Pakete mit vorbereiteten Zutaten und Rezepten an, die im Abonnement erhältlich sind. Anderthalb Jahre nach seinem Börsengang schreibt das SDax-Unternehmen zwar rote Zahlen, doch Aktionäre setzen darauf, dass sich das in Kürze ändert und Gewinne anstehen. Denn Umsatz, Kundenzahl und Bestellungen steigen stetig. Was bei Hellofresh los ist, was die Analysten sagen und wie es um die Aktie steht.

DAS IST LOS IM UNTERNEHMEN:

Die Start-up-Schmiede Rocket Internet hatte Hellofresh einst an die Börse gebracht, ihre Beteiligung in der Folgezeit jedoch sukzessive reduziert. Mitte Mai dieses Jahres platzierte der selbst im MDax gelistete Konzern seine bis dato noch verbliebenen 43,7 Millionen Aktien für acht Euro je Stück bei institutionellen Investoren und erlöste damit knapp 350 Millionen Euro. Seitdem muss Hellofresh ohne die Obhut seiner Gründerin auskommen. 2018 war der Kochboxen-Versender schneller gewachsen als erwartet. Zudem war der operative Verlust geringer ausgefallen als befürchtet. Für Rocket Internet schien der Zeitpunkt des endgültigen Loslassens also ein günstiger zu sein.

Der Verkauf der Anteile erfolgte, als Hellofresh bereits seine Zahlen für das erste Quartal des Geschäftsjahres 2019 verkündet hatte. Einem überraschend starken Umsatzanstieg um 42,1 Prozent auf 420,1 Millionen Euro standen hohe Verluste gegenüber: Der Verlust vor Zinsen und Steuern (Ebit) erhöhte sich um 44,7 Prozent auf 40,3 Millionen Euro - auch deshalb, weil Hellofresh weiter kräftig investiert.

Mit Green Chef und Chef's Plate erwarben die Berliner 2018 gleich zwei nordamerikanische Unternehmen. Hellofresh wächst auch international konsequent und ist in den USA stark. Aber auch in Großbritannien, Australien, Neuseeland, der Schweiz und in den Niederlanden ist das Unternehmen tätig. Da das Geschäft in verschiedenen Ländermärkten brummt, erwartet Hellofresh für 2019 beim Erlös einen Anstieg um 25 bis 30 Prozent.

Unternehmenschef und Hellofresh-Mitgründer Dominik Richter gibt sich optimistisch. Er bezeichnete 2018 rückblickend als bisher "erfolgreichstes Jahr" der Unternehmensgeschichte und geht davon aus, im laufenden Jahr operativ die Gewinnschwelle zu erreichen.

Hoffnung machen kann ihm die nach wie vor steigende Zahl der Bestellungen, die im ersten Quartal 2019 um mehr als ein Drittel auf 8,9 Millionen geklettert war. Auch die Zahl der aktiven Kunden erhöhte sich in den ersten drei Monaten um etwa ein Drittel auf rund 2,5 Millionen. Richter verweist darauf, dass Hellofresh 2018 in jedem seiner Märkte die Marktführerschaft übernommen und das Angebot für Kunden erheblich erweitert und verbessert habe.

DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:

Der Faktor Zeit spielt Hellofresh aus Sicht der Analysten in die Karten. Sie sehen in dem jungen Unternehmen viel Potenzial und trauen ihm zu, schon bald profitabel zu werden. Von den fünf im dpa-AFX-Analyser gelisteten Experten empfehlen daher gleich vier die Aktie zum Kauf. Die US-Investmentbank Morgan Stanley rät dazu, die Aktie zu halten. Das durchschnittliche Kursziel der Analysten liegt bei 14,60 Euro - und damit deutlich über dem letzten Kurs von knapp neun Euro.

Den starken Jahresauftakt des Kochboxen-Versenders hebt etwa Analyst Robert Berg von der Privatbank Berenberg hervor. Das Umsatzwachstum bei konstanten Wechselkursen dürfte am oberen Ende der vom Unternehmen genannten Zielspanne von 25 bis 30 Prozent landen, schreibt der Experte in einer Studie.

Während Berg das Kursziel auf 16 Euro belassen hat, senkte es Analyst Marcus Diebel von der US-Bank JP Morgan nach Quartalszahlen von 15 auf 14 Euro. Er rechnet nun mit etwas geringeren Margen des Kochboxen-Versenders sowie mit einer geringeren Zunahme der Bestellungen in den USA. Angesichts der sich fortsetzenden Branchenkonsolidierung in den USA beließ Analystin Nizla Naizer von der Deutschen Bank ihre Einstufung auf "Buy" mit einem Kursziel von 15 Euro.

Den Verkauf des Rocket Internet-Anteils an Hellofresh greift derweil die britische Investmentbank Barclays auf. Für die Anleger des Kochboxen-Versenders sei dies vermutlich eine gute Nachricht, schrieb Analyst Andrew Ross. Für viele Investoren sei die mangelnde Liquidität der Aktie ein starker Grund gewesen, sie nicht zu kaufen.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Beim Börsendebüt am 1. November 2017 hatte der Ausgabepreis bei 10,25 Euro gelegen. Im Vergleich dazu hat die Hellofresh-Aktie knapp 14 Prozent eingebüßt. Von ihrem Hoch am 24. Juli vergangenen Jahres sind die Papiere ohnehin noch ein ganzes Stück entfernt. Damals waren sie auf 15,00 Euro geklettert und kosteten damit fast sechs Euro mehr als momentan.

Allerdings hat sich die Aktie von ihrem Tief am 20. Dezember 2018 wieder deutlich erholt. Nach einer steilen Talfahrt waren die Anteilsscheine auf 5,83 Euro abgestürzt und lagen am SDax-Ende. Investoren waren beunruhigt wegen der deutlichen Verluste, die Hellofresh schrieb und der zugleich hohen Investitionen, die getätigt wurden.

Die Marktkapitalisierung von Hellofresh beläuft sich derzeit auf knapp 1,5 Milliarden Euro. Größter Aktionär ist Jeff Horing mit 15 Prozent der Anteile. Die Deutsche Bank, die Vanguard Group und Union Investment halten jeweils etwa fünf Prozent an Hellofresh. Bevor die Start-up-Schmiede Rocket Internet ihre Anteile am Kochboxen-Versender Mitte Mai auf den Markt geworfen hatte, waren die Berliner mit zuletzt knapp 29 Prozent an Hellofresh beteiligt./eas/bgf/fba