Die Gütersloher übernehmen für 781 Millionen Dollar 22 Prozent vom Miteigentümer Pearson und stärken damit ihr traditionsreiches Buchgeschäft, wie beide Konzerne am Dienstag mitteilten. Bertelsmann-Chef Thomas Rabe sprach von einem historischen Deal, der im September abgeschlossen sein soll. "182 Jahre nach der Veröffentlichung des ersten Bertelsmann-Buches stehen wir kurz davor, 75-Prozent-Eigentümer bei der weltweit führenden Publikumsverlagsgruppe zu werden." Die Briten behalten 25 Prozent an Penguin Random House. Die gemeinsame Verlagstochter wird mit 3,55 Milliarden Dollar bewertet.

Vor fast genau vier Jahren hatten Bertelsmann und Pearson ihre Buchverlagsgeschäfte – Random House und Penguin Group – gebündelt. Die Gütersloher hielten 53 Prozent, die Briten 47 Prozent. Die gemeinsame Tochter hat allein mehr als 70 Autoren unter Vertrag, die einen Nobelpreis gewonnen haben, zudem renommierte Schriftsteller wie John Grisham ("Die Firma"), Dan Brown ("The Da Vinci Code") sowie Paula Hawkins ("Girl on the Train"). Der frühere US-Präsident Barack Obama und seine Frau Michelle wollen künftig einen autobiografischen Doppelband vorlegen. Die gut 250 Einzelverlage, die pro Jahr über 15.000 Bücher veröffentlichen, sollen eigenständig bleiben. Verlagschef und Bertelsmann-Vorstand Markus Dohle soll das Unternehmen wie bisher führen.

"WIR HABEN MIT 75-PROZENT-MEHRHEIT UNSER ZIEL ERREICHT"

Bertelsmann hat wiederholt betont, seinen Anteil an dem Verlag auszuweiten und war auf der Suche nach einem strategischen und langfristig interessierten Partner. Mit Abschluss des Deals darf Pearson die restlichen 25 Prozent erst nach 18 Monaten verkaufen. Bertelsmann hat ein Vorkaufsrecht. Rabe signalisierte aber bereits, dass er mit dem Drei-Viertel-Anteil zufrieden ist. "Wir haben mit der 75-Prozent-Mehrheit unser Ziel erreicht." Der Zukauf stärke das Kerngeschäft und sei attraktiv, "da der Ergebnisanteil der Bertelsmann-Aktionäre um mehr als 60 Millionen Euro steigen wird".

ANALYST: PEARSON HAT "KEINE KANINCHEN MEHR IM HUT"

Pearson hat nach einem Milliardenverlust 2016 Einsparungen und Geschäftsverkäufe angekündigt. An der Börse startete die Pearson-Aktie mit plus drei Prozent, lag mittags jedoch sechs Prozent im Minus. "Dies ist nach der 'Financial Times' und dem 'Economist' das letzte Stück Tafelsilber, das verkauft werden kann", sagte Roddy Davidson, Analyst bei Shore Capital. "Das Pearson-Management hat nicht mehr viel Spielraum, um noch weitere Kaninchen aus dem Hut zu zaubern." Unterm Strich erhält Pearson 968 Millionen Dollar und weitere 66 Millionen im April 2018. Mit dem Rückkauf eigener Wertpapiere über 386 Millionen Dollar will der Konzern den Aktienkurs ankurbeln.

Bei der erfolgsverwöhnten Verlagstochter Penguin Random House lief das Geschäft 2016 nicht mehr so gut wie zuvor. Der Umsatz brach um 9,6 Prozent ein und das Betriebsergebnis schrumpfte um 3,6 Prozent. Grund dafür war neben Beteiligungsverkäufen und der Pfund-Abwertung nach dem Brexit-Votum vor allem Amazon. Der Online-Händler hatte Bücher in früheren Jahren mit Rabatten losgeschlagen und damit Verkaufszahlen und Umsatz angekurbelt. Mit der Rückkehr zu alten Preisen fielen auch die Gesamterlöse auf ein Normalmaß zurück.