Sie seien "ein Schlag gegen Europa und den engen Bündnispartner Deutschland", sagte der Präsident der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer (AHK) und Vorstandschef des Öl- und Gaskonzerns OMV, Rainer Seele, am Donnerstag. Das US-Repräsentantenhaus brachte am Mittwoch ein Gesetz auf den Weg, das Sanktionen gegen an dem Bau beteiligte Unternehmen vorsiegt. Auch ein US-Senatsausschuss billigte ein Sanktionspaket gegen Nord Stream 2 und sandte die Vorlage an den Senat. Allerdings wurde ein noch härterer Sanktionsvorschlag von US-Demokraten zunächst zurückgehalten. Es gilt als sicher, dass Präsident Donald Trump die Gesetzesvorlagen aus dem Kongress unterzeichnen wird.

Die Bundesregierung wies die drohenden US-Sanktionen am Donnerstag zurück. "Wir nehmen die Abstimmung im US Repräsentantenhaus mit Bedauern zur Kenntnis", sagte eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums. "Unsere Haltung zu extraterritorialen Sanktionen ist klar: Wir lehnen diese ab." Aus der Wirtschaft kamen sogar Forderungen nach Gegensanktionen gegen die USA: "Es ist an der Zeit, dass Berlin und Brüssel eine klare politische Position beziehen und mit gezielten Gegenmaßnahmen antworten. Auf dem Spiel steht die energiepolitische Unabhängigkeit Europas", sagte AHK-Chef Seele.

US-Politiker argumentieren, durch die Pipeline werde die Abhängigkeit Europas von Russland erhöht. Zudem wollen die USA selbst amerikanisches Flüssiggas in Europa verkaufen. In der EU ist der Bau der Nord Stream 2-Pipeline umstritten. Besonders Polen und Balten sehen die Pipeline, die vor allem Westeuropa mit Gas versorgen soll, ebenso wie das Nicht-EU-Land-Ukraine kritisch. Kanzlerin Angela Merkel hatte mehrfach betont, Voraussetzung für die Inbetriebnahme der zweiten Pipeline-Röhre sei, dass Russland und die Ukraine zuvor einen neuen Gastransit-Vertrag abschließen. Die Ukraine müsse auch weiter Gastransit-Land bleiben.

In einem Positionspapier warnt die AHK - die nach eigenen Angaben mit 900 Mitgliedern der größte ausländische Wirtschaftsverband in Russland ist - vor einer Importlücke bei Gaseinfuhren nach Deutschland. "Deutschland braucht günstige Energiepreise, um mit seinen energieintensiven Industrien im weltweiten Wettbewerb bestehen zu können." Die EU hänge bei "nüchterner Betrachtung der Fakten unzweifelhaft weniger vom russischen Gas ab als Russland von den Deviseneinnahmen für in die EU geleitetes russisches Gas".

Die Grünen streiten über die drohenden US-Sanktionen. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Jürgen Trittin forderte in der "Neuen Osnabrücker Zeitung", dass sich die EU gegen die Einmischung der USA wehren und auf europäische Souveränität bestehen müsse. Der Grünen-Europapolitiker Reinhard Bütikofer twitterte dagegen: "Ich hoffe, dass die US-Sanktionen gegen Nord Stream 2 den schicksalshaften, antieuropäischen Kurs der Bundesregierung in diesem Konflikt stoppen wird."