HAMBURG (dpa-AFX) - Nur wenige Aktien erfordern so viel Nervenstärke wie die der Windanlagenhersteller. Wer in den vergangenen 15 Jahren zu Höchstkursen eingestiegen ist, hat zwischenzeitlich mehr als 90 Prozent verloren. Andererseits konnten Anleger ihren Einsatz auch vervielfachen. Bei Nordex hellen sich die Perspektiven nach langer Durststrecke wieder auf. Dank guter Auftragslage hat die Aktie des Windanlagenbauers seit Ende Dezember um gut die Hälfte zugelegt. Analysten wittern Morgenluft und machen weiteres Potenzial aus.

DAS IST LOS BEI NORDEX:

Es ist noch nicht lange her, da sah es bei Nordex düster aus. Die Auftragsflaute 2017 hatte der Windkraftbranche im vergangenen Jahr die Ergebnisse verhagelt. Nordex musste die Ziele für 2018 nach neun Monaten senken. Hinzu kam der harte Preiskampf unter den Herstellern, denn europaweit finden Ausschreibungen inzwischen überwiegend über Auktionen statt.

Das Management reagierte mit Kosteneinsparungen - auch vor Entlassungen schreckte man nicht zurück. Der Erfolg der Maßnahmen stellte sich rasch ein: Die vorläufigen Zahlen für 2018 waren zwar nicht berauschend, erreichten aber die neue Prognose.

Die Schwächephase dürfte damit überwunden sein. Der Auftragseingang zog 2018 bereits deutlich an und seit Jahresbeginn hat Nordex regelmäßig neue Aufträge erhalten. Zuletzt bestellte die griechische Terna Energy Turbinen verschiedener Ausführungen. Neben modernen Turbinen setzt das Unternehmen auf neue Produktionsstandorte. So stellt Nordex Rotorblätter künftig auch in Mexiko her und stärkt damit seine Position in den lateinamerikanischen Märkten.

DAS SAGEN EXPERTEN:

Analysten haben von der Trendwende Wind bekommen. Manuel Losa von Goldman Sachs, der Nordex mit Buy und einem Kursziel von 14 Euro einstuft, rechnet auf Sicht von zwölf Monaten mit einer überdurchschnittlichen Kursentwicklung. Nicht nur der Auftragsbestand, der ein Rekordniveau erreicht hat, hat es Losa angetan. Der Analyst setzt auch auf die Markteinführung neuer Turbinen vom kommenden Jahr an. Davon dürfte die Margenentwicklung profitieren.

Anis Zgaya von Oddo BHF hat gerade erst eine Kaufempfehlung ausgesprochen und das Kursziel von 8 auf 15 Euro nahezu verdoppelt. Von den neuen Turbinenmodellen, die zahlreiche Vorteile wie größere Effizienz und niedrigere Schallemissionen bieten, erhofft sich Zgaya eine Stabilisierung der Preise. Bis zum Jahr 2023 rechnet er mit deutlich besseren Margen und hat seine Schätzungen entsprechend erhöht. Auch der Blick auf Wettbewerber stimmt Zagya zuversichtlich. Im Vergleich zu Siemens Gamesa und Vestas macht er einen Bewertungsabschlag von Rund 25 Prozent aus. Der aber sei nicht gerechtfertigt, da Nordex über höheres Wachstumspotenzial als die Konkurrenz verfüge.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Nordex hat eine lange Durststrecke hinter sich. Ende des Jahres 2015 noch über 30 Euro wert, erreichte der Kurs im März 2018 ein Tief knapp unter 7 Euro. Nach einer ausgeprägten Bodenbildung scheinen nun bessere Zeiten angebrochen zu sein. Der Sprung über "die entscheidenden horizontalen Hürden bei 11,45/11,70 Euro" ist nach Ansicht des technischen Analysten Jörg Scherer von HSBC ein Signal dafür, dass "die große untere Umkehr der letzten anderthalb Jahre" abgeschlossen ist. Daraus lasse sich ein "Anschlusspotenzial von mindestens vier Euro" errechnen. Scherer hält es sogar für möglich, dass der Abwärtstrend seit Januar 2016, der bei knapp über 14 Euro liegt, gebrochen wird und die 200-Wochen-Linie bei rund 17 Euro in Reichweite kommt.

Ein Blick in die Kurshistorie spricht für diese Prognose. Schon zwei Mal ist Nordex seit dem Börsengang im Jahr 2001 nach dramatischen Verlusten ein spektakuläres Comeback gelungen. So erholte sich die Aktie in wellenartigen, langjährigen Bewegungen sowohl von dem Kursrutsch bis 2005 als auch von der Baisse zwischen 2007 und 2012. Nervenstarke Anleger konnten in beiden Fällen Kursvervielfachungen einstreichen.

Ob es wieder so kommt, ist aber keine ausgemachte Sache. Der Konkurrenzdruck dürfte der Branche auch 2019 zu schaffen machen. So erwartet etwa der dänische Turbinenbauer Vestas wegen des starken Wettbewerbs für 2019 keine Gewinnsprünge. Um so mehr gilt es, den 26. März abzuwarten. Dann wird Nordex die endgültigen Zahlen für 2018 vorlegen und - wichtiger noch - die Prognose für 2019 präsentieren./mf/ag/jha/