BERLIN (dpa-AFX) - Die SPD geht beim Streit um einen neuen Mindestabstand von Windrädern zu Wohnhäusern auf Konfrontationskurs zur Union. "Eine Abstandsregelung von 1000 Metern zu Wohnsiedlungen bei mehr als fünf Häusern ist mit der SPD nicht zu machen", sagte SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. "Wir wollen Windkraft an Land, um die Energiewende voran zu bringen." Es müsse einen belastbaren Ausbaupfad der Erneuerbaren Energien geben, wie das Ziel von 65 Prozent im Jahr 2030 erreicht werden könne. Scharfe Kritik kam auch von der Linken. Der Energiepolitiker Lorenz Gösta Beutin sprach von "irrsinnigen Abstandsregeln".

Miersch begrüßte einen Zehn-Punkte-Plan des niedersächsischen Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). "Insbesondere sollte die gesetzliche Festschreibung des Ausbaus von Windenergie an Land Gegenstand der Gesetzesberatungen sein."

Der Ausbau der Windkraft an Land ist in diesem Jahr fast zum Erliegen gekommen. Hauptgründe sind lange Genehmigungsverfahren, zu wenig ausgewiesene Flächen und viele Klagen. Vor Ort ist der Bau von Windrädern oft heftig umstritten. Die Branche befürchtet nun, die Ausbaukrise könnte sich weiter verschärfen. Grund ist die geplante 1000-Meter-Regelung für den Abstand von Windrädern zu einer Bebauung mit mehr als fünf Wohngebäuden - dies sieht ein Entwurf aus dem Wirtschaftsressort vor. Länder sollen davon abweichen können.

Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hatte die umstrittenen Pläne verteidigt. Die Union und die SPD hätten gemeinsam beschlossen, Hindernisse für Genehmigungen von Windparks abzubauen. Gleichzeitig müssten aber "auch die berechtigten Sorgen vieler Menschen" ernst genommen werden, hatte der Minister im Deutschlandfunk gesagt. Viele Anwohner empfänden die Errichtung von Windrädern "als Beeinträchtigung ihrer Lebensqualität".

Weil hatte vor einem Kollaps der Branche gewarnt und zehn Maßnahmen zum Gegensteuern vorgeschlagen - etwa ein gesetzlich festgeschriebenes jährliches Ausbauziel sowie günstigere Stromtarife für Nachbarn von Windparks. Das Wirtschaftsministerium hatte erklärt, es sei entscheidend, dass der vom Ministerium Anfang Oktober vorgelegte Arbeitsplan Wind umgesetzt werde. Dieser sieht unter anderem vor, Genehmigungsverfahren zu beschleunigen.

Der Linke-Energiepolitiker Beutin kritisierte, Altmaier fahre mit seinen "irrsinnigen Abstandsregeln" den Windausbau an Land mit Vollgas an die Wand. "Es reicht ein Blick nach Bayern, wo die 10-H-Regel die Windkraft zum Stillstand gebracht hat."

Die schärfste Abstandsregelung in Deutschland gilt in Bayern mit der sogenannten 10-H-Regelung - demnach muss der Abstand eines Windrades von Wohnsiedlungen mindestens zehn Mal so weit sein wie die Anlage hoch ist. Bei einer Höhe der Anlage von 200 Metern zum Beispiel wären das 2 Kilometer.

Beutin sagte der dpa, es dürften auf keinen Fall feste Abstandsregeln eingeführt werden. Stattdessen müsse durch Beteiligung der Kommunen an den Gewinnen der Windenergie über eine Konzessionsabgabe für mehr Akzeptanz bei den Menschen gesorgt werden.

Das Ziel der Bundesregierung lautet, den Anteil des Ökostroms am Stromverbrauch bis 2030 auf 65 Prozent zu steigern. Zuletzt lag der Ökostromanteil nach Angaben der Energiebranche bei 43 Prozent./hoe/DP/zb