Nachfolger Hiroto Saikawa zwingt dem kriselnden Konzern einen radikalen Sparkurs auf, dem weltweit rund 12.500 Jobs zum Opfer fallen werden - jede zehnte Stelle. Außerdem will er die Angebotspalette straffen, jedes zehnte Modell wird bis 2022 gestrichen. Das durch hohe Rabatte selbstverschuldete Billig-Image soll weg, der Gewinn steigen. Das werde einige Zeit brauchen, sagte Saikawa am Donnerstag. "Die Profitablität ist im Moment sehr schwach." Saikawa, der viele Jahre mit Carlos Ghosn Hand in Hand arbeitete, gilt allerdings selbst als Mann des Übergangs.

Der zweitgrößte Autobauer in Japan nach Toyota ist angeschlagen seit dem Skandal um Ghosn, langjähriger Chef bei Nissan und seinem Partnerunternehmen Renault. Der einst gefeierte Automanager steht in Japan unter Anklage. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm unter anderem Veruntreuung von Nissan-Firmengeldern und Verstöße gegen Börsenregeln vor, was Ghosn allerdings bestreitet. Der Franzose behauptet, er sei Opfer eines Hinterhaltes seiner ehemaligen Vorstandskollegen bei Nissan. Sie hätten die von ihm angestrebte Fusion von Renault und Nissan verhindern wollen.

Ghosn hat Nissan zwar groß gemacht. Doch das wurde über viele Jahre mit hohen Rabatten erkauft. Inzwischen hat die Marke ihren Glanz verloren. Bei schwindendem Absatz und Umsatz machte Nissan zuletzt fast gar keinen Gewinn mehr: Von April bis Juni standen gerade noch umgerechnet 13 Millionen Euro zu Buche. Das erschwert dringend nötige Investitionen in die E-Mobilität, die die Konkurrenz rund um den Globus gerade intensiv vorantreibt. Auch Volkswagen steckt derzeit Milliarden in die Entwicklung von Elektroautos - und verdient anders als so manche Erzrivalen trotzdem prächtig.

DAS ZIEL: SIEBEN MILLIARDEN EURO GEWINN

Saikawa steht nun unter Druck zu handeln, zumal seit der letzten Hauptversammlung im Juni klar ist, dass sich einflussreiche Investoren mittelfristig einen echten Neuanfang an der Spitze von Nissan wünschen. Ein Personalausschuss ist bereits mit der Suche nach seinem Nachfolger für den 65-Jährigen beauftragt. Aber für die nächsten drei Jahre legte Saikawa die Latte hoch: "Es ist meine Verantwortung, bis 2022 einen Jahresumsatz von 14,5 Billionen Yen (circa 120 Milliarden Euro) und sechs Prozent Rendite zu liefern", erklärte er. Das wäre umgerechnet ein operativer Gewinn von gut sieben Milliarden Euro. Im laufenden Geschäftsjahr erwartet Nissan einen Rückgang auf 1,9 Milliarden Euro.

Als erstes geht Nissan nun an die Kosten heran. Der Konzern hat rund 138.000 Beschäftigte in 20 Ländern und Regionen. Die meisten der rund 12.500 Jobs, die nun abgebaut werden, sollen außerhalb Japans wegfallen. Betroffen sind 14 Werke. Womöglich müssten Fabriken auch komplett geschlossen werden, sagte Saikawa. Das größte Werk in Europa steht in Sunderland/Großbritannien mit einer Jahresproduktion von rund 450.000 Fahrzeugen und etwa 7000 Beschäftigten. Dort bangt die Belegschaft schon länger wegen des Brexit um die Arbeitsplätze. So nahm Nissan deshalb Abstand davon, in Nordengland das neue SUV X-Trail zu bauen. Jeweils zwei Fabriken gibt es noch in Spanien und Russland.

IN EUROPA LAUFEN DIE KUNDEN WEG

Im ersten Quartal des bis März laufenden Geschäftsjahres sank der Absatz um sechs Prozent auf 1,23 Millionen Fahrzeuge. In den USA verkaufte Nissan 3,8 Prozent weniger. In Europa einschließlich Russland, wo die Japaner einen Marktanteil von zweieinhalb Prozent haben, sackte der Absatz um 16 Prozent auf 135.000 Autos ab. Der Gesamtumsatz schrumpfte um fast 13 Prozent auf umgerechnet knapp 20 Milliarden Euro. Vor allem der wichtigste Markt von Nissan, die USA, ist eine Schwachstelle. Dort liefert sich der Autobauer schon länger mit der Konkurrenz eine Rabattschlacht.

Die Produktionskapazität will Saikawa bis Ende 2022 um zehn Prozent auf 6,6 Millionen Fahrzeuge jährlich herunterfahren. Ziel sei es, die Auslastung der Fabriken von 69 Prozent im vergangenen Jahr auf 86 Prozent zu steigern. Der Absatz soll zugleich auf sechs von 5,5 Millionen Stück steigen. Die Fixkosten will Nissan um zweieinhalb Milliarden Euro drücken.