NEW YORK (dpa-AFX) - Nach der Festnahme von Carlos Ghosn hält die US-Investmentbank Merrill Lynch eine Fusion der schon eng miteinander verbundenen Autobauer Renault und Nissan für "extrem unwahrscheinlich". Als Architekt der Allianz sei der Renault-Vorstands- und Nissan-Verwaltungsratschef Ghosn Dreh- und Angelpunkt für jede mögliche Veränderung in der Aktionärsstruktur, schrieb Analyst Fraser Hill in einer am Dienstag vorliegenden Studie.

Die bisherige "Buy"-Empfehlung für die Renault-Aktie habe auf der Annahme beruht, dass Ghosn die bestehende Überkreuz-Beteiligung mit Blick auf ein später mögliches, vollständiges Zusammengehen beider Unternehmen auflösen und damit erhebliche Werte für die Franzosen freisetzen werde, betonte der Experte. Doch nun sehe er ungeachtet des schon 30-prozentigen Rückgangs seit Jahresbeginn kaum mehr Gründe für einen Kursanstieg, begründete er seine Abstufung der Aktie auf "Neutral". Das Kursziel senkte er von 110 auf 74 Euro, liegt damit aber noch knapp 29 Prozent über dem aktuellen Bewertungsniveau.

Zu alledem habe die französische Wirtschafts-Staatssekretärin Agnès Pannier-Runacher in einem Pressegespräch gesagt, Frankreich wolle größter Aktionär bei Renault bleiben, erklärte Hill. Präsident Emmanuel Macron habe diese Aussagen mit Blick auf die Sicherheit französischer Arbeitsplätze aufgegriffen. Die Haltung der Regierung in Paris werde Nissan davon abhalten, über eine engere Allianz mit dem Branchenkollegen nachzudenken, erwartet der Analyst. Entsprechend verdoppelte er den Holding-Abschlag auf Renaults Nissan-Beteiligung auf 30 Prozent.

Derweil befürchte Nissan-Präsident Hiroto Saikawa durch einen Abschied von Ghosn kaum negative Auswirkungen auf die Gewinne des japanischen Autobauers, da die operative Allianz davon nicht berührt werde, schrieb Hill weiter. Sein für die japanischen Autobauer zuständiger Analystenkollege habe an seinen Schätzungen für Nissan nichts geändert, und er selbst sehe auch keinen Einfluss der Personalie auf die Gewinne von Renault. Seine gesenkten Prognosen für das Ergebnis je Aktie (EPS) der Franzosen gingen vielmehr auf das schwache dritte Quartal zurück.

Gemäß der Einstufung "Neutral" geht Merrill Lynch davon aus, dass die Aktie innerhalb von 12 Monaten maximal eine leicht positive Gesamtrendite aus Kursgewinn und Dividende nahe Null abwirft./gl/ck/he