Der Essener Konzern veräußert sein brasilianisches Stahlwerk CSA für 1,5 Milliarden Euro an den Konkurrenten Ternium. Das drückt zwar die Schulden, führt im laufenden Geschäftsjahr aber zu einem Verlust, wie Finanzchef Guido Kerkhoff am Mittwoch einräumte. Schließlich werden Abschreibungen von rund 900 Millionen Euro fällig. Die Anleger jubelten trotzdem. Bei ihnen überwog die Erleichterung, dass das teure Abenteuer nach mehr als einem Jahrzehnt beendet ist - und sich Thyssenkrupp nun wieder stärker auf lukrative Geschäfte rund um Aufzüge, Industrie-Anlagen und Autoteile konzentrieren kann. Die Aktie war mit einem Plus von fünf Prozent größter Dax-Gewinner.

"Das ist ein wichtiger Meilenstein beim Umbau von Thyssenkrupp hin zu einem starken Industriekonzern", sagte Vorstandschef Heinrich Hiesinger. Die gescheiterte Expansion in die USA und nach Brasilien kostete den Konzern unter dem Strich rund acht Milliarden Euro - eine Last, unter der das Unternehmen noch lange ächzen wird. "Es dauert Jahre, bis sie acht Milliarden Euro auf das Eigenkapital zurückverdienen", sagte Hiesinger. Insgesamt hat der Konzern sogar rund zwölf Milliarden Euro für Investitionen und Anlaufverluste ausgegeben.

Analysten loben den Rückzug aus dem amerikanischen Stahlgeschäft auch, weil Thyssenkrupp damit weniger anfällig für eine protektionistische Politik der neuen US-Regierung unter Präsident Donald Trump ist. Für Hiesinger steht aber auch etwas anderes im Fokus: Er will künftig mehr Geschäfte mit profitableren Industriegütern und Dienstleistungen machen. Abseits des Stahls erzielt Thyssenkrupp schon heute etwa 75 Prozent des Umsatzes.

PLEITEN, PECH UND PANNEN

Im Jahr 2005 hatte sich das Management entschieden, Stahl billig in Brasilien zu kochen und in den USA und Europa weiterzuverarbeiten und zu verkaufen. Doch das Projekt rechnete sich nicht - die Baukosten explodierten, technische Schwierigkeiten machten dem Konzern zu schaffen, die Lohnkosten in Brasilien kletterten und auch die Erzpreise entwickelten sich anders als erwartet. Verluste waren die Folge. Hiesinger stellte das Engagement in Übersee deshalb gleich nach seinem Amtsantritt als Konzernchef 2011 auf den Prüfstand.

Bereits 2014 verkaufte Thyssenkrupp das Stahlverarbeitungswerk in Alabama an ArcelorMittal und Nippon Steel. In Brasilien bestanden zunächst Bindungen an den Mitgesellschafter Vale, die im vergangenen Jahr gelöst wurden. Hiesinger erklärte, das Werk sei inzwischen operativ in den schwarzen Zahlen. "Unsere Ausdauer und Beharrlichkeit haben sich gelohnt."

Auch im europäischen Stahlgeschäft des Konzerns könnte es bald zu einem Umbruch kommen. Thyssenkrupp spricht mit dem Konkurrenten Tata Steel über eine Stahlfusion. Die Branche leidet unter Preiskämpfen, Billig-Importen aus China und Überkapazitäten. Wann und ob es zu einem Zusammenschluss kommen werde, könne er aber noch nicht sagen, bekräftigte Hiesinger.

RAUS AUS DEN MIESEN

Der Verkauf von CSA soll bis Ende September unter Dach und Fach sein. Die Wettbewerbsbehörden müssen noch zustimmen. Der Käufer Ternium verfügt über Produktionsanlagen unter anderem in Mexiko, Argentinien, Kolumbien, den USA und Guatemala. Mit Abschluss der Transaktion erhalte Thyssenkrupp einen "deutlichen Mittelzufluss", hieß es weiter. Damit wird der Konzern seine Netto-Finanzschulden von zuletzt rund 5,4 Milliarden Euro zum Jahreswechsel "signifikant reduzieren". Berenberg-Analysten schätzen, dass die Schuldenlast auf 2,3 Milliarden Euro schrumpfen könnte. Gänzlich kehrt der Konzern Brasilien zudem nicht den Rücken. Thyssenkrupp werde dort weiter rund 8000 Menschen beschäftigen, das Auto- und Aufzugsgechäft bleibe in Brasilien, versicherte Hiesinger.