Bern (awp) - Die Aktien von Nestlé sind am Freitag mit deutlichen Gewinnen in den Handel gestartet - dies entgegen den vorbörslichen Indikationen. Dem weltgrössten Nahrungsmittelkonzern gelang im zweiten Quartal eine weitere Wachstumsbeschleunigung und im Halbjahr auf operativer Ebene eine deutliche Verbesserung. Analysten sprechen denn auch von einem starken Ergebnis.

Die Nestlé-Aktie gewinnt um 09.30 Uhr 1,3 Prozent auf 103,52 Franken, der Gesamtmarkt (SMI) hinkt derweil mit knapp +0,4 Prozent deutlich hinterher.

Während das organische Wachstum mit +3,6 Prozent im Rahmen der Erwartungen ausfiel, liegt die Verbesserung der operativen Marge um 100 Basispunkte (BP) massiv über den Schätzungen (60 BP). Dies sei denn auch der eigentliche Lichtblick der Halbjahreszahlen, heisst es bei Analysten.

Die grösste Überraschung - sogar fast ein Schock - sei die Margenverbesserung, schreibt der zuständige Analyst von Bernstein. Er sei mit seiner Schätzung (70 BP) schon aggressiv gewesen, die 100 BP seien nun aber schon aussergewöhnlich. Es habe eine solche Verbesserung zwar schon einmal gegeben (H1 2010), aber eigentlich sei eine solche Verbesserung nicht das, was man von Nestlé erwarte. Dank verschiedener Effekte sei zudem auch der Gewinn pro Aktie (EPS) stark über den Erwartungen ausgefallen.

Bei Vontobel ist von einem spektakulären Ergebnis bzw. einer überzeugenden Margenverbesserung die Rede. Der zuständige Analyst zeigt sich beeindruckt vom Wandel bei Nestlé: "Was für eine Veränderung in einer solchen kurzen Zeitperiode." Die Verbesserungen bei Wachstum und Gewinn mit dem neuen CEO Mark Schneider kämen nun gar noch schneller als bisher antizipiert. Dies sei denn auch der Beginn einer neuen Reise, die über das Jahr 2020 hinausgehe.

Auch die Zürcher Kantonalbank spricht von einem guten Halbjahresergebnis mit einer Verbesserung beim organischen Umsatzwachstum und einer starken Verbesserung der bereinigten EBIT-Marge. In der zweiten Jahreshälfte werde die Vergleichsbasis bei der EBIT-Marge jedoch höher, so dass der Margenanstieg - wie Nestlé angekündigt habe - im ersten Halbjahr wohl höher ausfalle als im zweiten.

Auch die US-Investmentbank Jefferies erachtet die Geschäftsentwicklung zwischen Januar und Juni als stark. Angesichts der Wachstumsbeschleunigung im zweiten Quartal stösst sich der zuständige Analyst allerdings ein bisschen am (neu konkreter formulierten) Ziel eines organischen Umsatzwachstums von 3,5 Prozent für das Gesamtjahr. Diese Vorgabe sei zu vorsichtig formuliert, glaubt er.

Nestlé habe mit den Zahlen die hohen Erwartungen erfüllt, meinen auch Händler. Allerdings sei die Erwartungshaltung zuletzt schon hoch gewesen und der Kurs habe viele der Verbesserungen schon vorweg genommen. Dies zeigte sich jüngst etwa in deutlichen Kurszielerhöhungen etwa durch JPMorgan, Kepler Cheuvreux oder zuletzt Société Générale.

Es sei daher möglich, dass es nach der starken Kursentwicklung seit Jahresbeginn gelegentlich zu Gewinnmitnahmen kommen werde. Die vorsichtigen Aussagen der Firmenvertreter zur zukünftigen Absatzentwicklung im Schlüsselmarkt China und zur Entwicklung der Rohstoffpreise in der zweiten Jahreshälfte bestärken die Beobachter in dieser Einschätzung.

uh/tt