Zürich (awp) - Der weltgrösste Nahrungsmittel-Hersteller Nestlé veröffentlicht am Donnerstag, 13. Februar die Resultate zum Geschäftsjahr 2019. Insgesamt 20 Analysten haben zum AWP-Konsens beigetragen.

2019E  
(in Mio Fr.)              AWP-Konsens        2018A  

Umsatz                       93'252         91'338    
EBIT (adj.)                  16'452         15'510
 - Marge (in %)                17,7           17,0  
Reingewinn n. M.             12'342         11'541 

(in Fr.)
Dividende je Aktie             2,68           2,48 

(in %)
Organ. Wachstum                 3,6           +3,0  
RIG                             3,0           +2,4   

 

FOKUS: Wenn Nestlé am Donnerstag das Jahresergebnis bekannt gibt, dürfte sich das Augenmerk der Investoren vor allem auf den Ausblick für 2020 richten. Einige Analysten halten die Guidance für das organische Umsatzwachstum für zu ehrgeizig.

Das von Nestlé in Aussicht gestellte einstellige mittlere Wachstum impliziere ein Wachstum von 4 bis 6 Prozent. Realistischer seien aber eher 3 bis 5 Prozent, heisst es. Bremsende Faktoren könnten etwa die Ausbreitung des Coronavirus sowie eine Lieferumstellung im US-Tiefkühlgeschäft sein.

Für 2019 erwartet die Finanzgemeinde dagegen kaum grosse Überraschungen. Der Nahrungsmittelkonzern dürfte das höchste organische Wachstum seit 2015 erreicht haben. Im dritten Quartal und auch über neun Monate war Nestlé um 3,7 Prozent gewachsen. Vor allem starke Zuwächse im grössten Markt USA und mit der Haustierfuttermarke Purina hatten das Wachstum angekurbelt.

Im letzten Quartal soll sich das Tempo jedoch verlangsamt haben. Nestlé selbst hatte bereits ein schwächeres organisches Wachstum im vierten Quartal angekündigt. Die erwartete Verlangsamung hat mehrere Gründe: Erstens profitierte Nestlé im Schlussquartal nicht länger vom überdurchschnittlichen Wachstum von Nestlé Skin Health - die Hautpflegesparte wurde per 1. Oktober verkauft -, zweitens waren die Vergleichszahlen vom Vorjahr in diesem Quartal bereits sehr hoch und drittens dürfte sich auch die Lieferumstellung in den USA auswirken.

Eine starke Leistung im Jahr 2019 wird derweil auf der Gewinnseite erwartet: Die Marge soll sich kräftig ausgeweitet haben und damit in die mittelfristig angepeilte Spanne vorgestossen sein. Der Reingewinn wird zusätzlich vom Verkaufserlös von Nestlé Skin Health profitieren. Anleger dürfte in diesem Zusammenhang interessieren, ob Nestlé nebst dem angekündigten Aktienrückkauf ein Teil dieses Erlöses über eine Sonderdividende ausschüttet.

Ein Augenmerk dürften Investoren zudem auf die Entwicklung des Wassergeschäfts legen. Dieses zählt eigentlich zu den von Nestlé definierten wachstumsstarken Produktkategorien, schwächelte aber zuletzt. Deshalb hat Nestlé nun einen Umbau in die Wege geleitet: Das Geschäft wird neu ab dem laufenden Jahr nicht mehr global geführt, sondern innerhalb der Zonen. Damit soll die lokale Expertise besser genutzt werden können.

Ein Thema bei der Zahlenvorlage dürften weiter Trends wie die wachsende Nachfrage nach veganen Lebensmitteln sein. Nestlé setzt verstärkt auf Alternativen für klassische Fleischwaren. Mit pflanzlichen Burgern, Würstchen und Schnitzeln zielt der Lebensmittelkonzern vor allem auf junge Kunden ab, die ihren Fleischkonsum zwar reduzieren, aber nicht gänzlich darauf verzichten wollen.

ZIELE: Zuletzt hat Nestlé bei der Bekanntgabe der Neunmonatszahlen die Ziele für das Gesamtjahr 2019 bestätigt: Erwartet wird demnach ein organisches Umsatzwachstum von rund 3,5 Prozent und eine (bereinigte) operative Marge von mindestens 17,5 Prozent. Damit würde auf der Margenseite bereits die untere Spannweite des Mittelfristziels für 2020 erreicht.

Gemäss den vor zwei Jahren aufgestellten Zielen soll Nestlé bis 2020 nämlich eine bereinigte EBIT-Marge von 17,5 bis 18,5 Prozent erzielen. Gegenüber dem Wert 2018 (17,0%) entspricht das einer Verbesserung um rund 100 Basispunkte. Beim Umsatz will Nestlé bis 2020 ein mittleres einstelliges organisches Wachstum erreichen.

PRO MEMORIA:

M&A: Nestlé hat seinen Umbau zuletzt mit einigen Verkäufen vorangetrieben: Der Nahrungsmittelmulti hat im Dezember eine Lösung für das zum Verkauf gestellte Charcuterie-Geschäft von Herta gefunden. Der Nahrungsmittelriese verkauft 60 Prozent an dem Hersteller von Wurstwaren und Teigprodukten an Casa Tarradellas. Gleichzeitig gründen Nestlé und das spanische Familienunternehmen ein Gemeinschaftsunternehmen. Nestlé und Casa Tarradellas bringen ihre jeweiligen Herta-Anteile von 40 und 60 Prozent in das Joint Venture ein. Der Abschluss der Transaktion wird in der ersten Hälfte 2020 erwartet.

Bereits im Oktober hat der Konzern den Verkauf seiner Hautpflegesparte abgeschlossen. Die Sparte, die offiziell Nestlé Skin Health (NSH) heisst, ging für 10,2 Milliarden Franken an ein Konsortium um den Finanzinvestor EQT und die Abu Dhabi Investment Authority (ADIA).

Nestlé und die Beteiligungsgesellschaft PAI Partners erweiterten zudem ihr bereits bestehendes Speiseeis-Joint-Venture. Der Schweizer Lebensmittelkonzern verkauft sein amerikanisches Glacé-Geschäft für 4 Milliarden Dollar an Froneri, wie im Dezember angekündigt wurde. Damit wird einer der grössten Glacé-Anbieter der Welt geschaffen. Der Jahresumsatz des zusammengelegten Geschäfts soll einen Wert von rund 4 Milliarden Dollar erreichen. Die Transaktion soll voraussichtlich im ersten Quartal 2020 abgeschlossen werden.

Gerüchten zufolge prüft der Konzern zudem Optionen für die chinesischen Marken Hsu Fu Chi und Yinlu. Das berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg Ende Oktober unter Berufung auf Kreise. Dabei sei auch ein Verkauf der Einheiten nicht ausgeschlossen. Der Wert der Mehrheitsbeteiligungen wird dem Bericht zufolge auf mehr als 1 Milliarde Dollar veranschlagt. Es seien aber noch keine finalen Entscheidungen getroffen worden.

Nestlé dürfte die Mittel, die der Konzern aus den Veräusserungen erhält, auch wieder einsetzen. Nestlé-Verwaltungsratspräsident Paul Bulcke bekräftige im Dezember in einem Interview die Absicht, auch künftig auf Zukäufe zu setzen. "Wir wollen die Möglichkeit haben, Übernahmen zu machen, wenn sich die Gelegenheit bietet", sagte er in einem Interview mit der "Handelszeitung". Der Return müsse aber stimmen. Für die künftigen Akquisitionen setze er weiterhin klar auf Bolt-ons, also Ergänzungszukäufe.

Nestlé hat bereits bei einigen Gelegenheiten zugeschlagen und vor allem den Bereich mit therapeutischen Produkten ausgebaut. So hat der Konzern Anfang Februar seine Beteiligung am kalifornischen Biopharma-Unternehmen Aimmune Therapeutics erhöht. Zudem übernimmt Nestlé vom Pharmakonzern Allergan dessen Magen-Darm-Medikament Zenpep. Daneben ging die Nestlé-Gesundheitssparte auch neue Partnerschaften ein.

AKTIENRÜCKKAUF: Nestlé hat sein letztes Aktienrückkaufprogramm über 20 Milliarden Franken 2019 wie geplant beendet. Im Januar wurde bereits ein neues Programm über den gleichen Betrag für den Zeitraum von 2020 bis 2022 gestartet, wobei per Anfang Februar bereits Aktien für knapp 700 Millionen Franken zurückgekauft sind. Das Volumen der monatlichen Rückkäufe ist laut Nestlé abhängig von den Marktbedingungen. Sollte während der Dauer des Aktienrückkaufs eine oder mehrere Sonderdividende ausgeschüttet werden oder sollten in diesem Zeitraum grössere Akquisitionen stattfinden, werde der Gesamtbetrag des Rückkaufprogramms entsprechend reduziert.

L'ORÉAL: Immer wieder wird über das 23%-Paket von Nestlé am französischen Kosmetikkonzern spekuliert. L'Oréal steuert rund 10 Prozent zum Nestlé-Gewinn bei und ist gemäss den am Freitag gemeldeten Zahlen 2019 organisch um 8,0 Prozent gewachsen. Vor diesem Hintergrund dürfte es Nestlé laut dem ZKB-Analysten Patrik Schwendimann nicht eilig haben, die L'Oréal-Beteiligung zu verkaufen.

AKTIENKURS: Die Nestlé-Aktie hat im bisherigen Jahresverlauf mit einem Plus von rund 4 Prozent ähnlich wie der Leitindex SMI zugelegt. Die Titel notieren mit aktuell rund 109 Franken nahe an ihrem Jahreshoch von 109,62 Franken. Das bisherige Allzeithoch stammt vom 6. September und liegt bei 113,20 Franken. Im Vorjahr hatten die Titel um fast einen Drittel zugelegt.

Homepage: http://www.nestle.com

an/tt