MÜNCHEN (awp international) - Der weltgrösste Rückversicherer Munich Re sieht sich trotz eines überraschend teuren Staudamm-Schadens auf Kurs zu seinem Gewinnziel für 2018. "Mit einem Halbjahresgewinn von 1,6 Milliarden Euro liegen wir sehr gut auf Kurs, um unser Gewinnziel von 2,1 bis 2,5 Milliarden Euro für das Gesamtjahr zu erreichen", sagte Vorstandschef Joachim Wenning am Mittwoch im München. Wenn keine Wirbelstürme oder andere Katastrophen dazwischenkommen, dürfte das Ergebnis in der oberen Hälfte der Spanne landen.

Im zweiten Quartal lief es für die Munich Re im Kerngeschäft schlechter als gedacht. So konnte der Rückversicherer seinen Überschuss zwar mit 723 Millionen Euro etwa auf dem Niveau des Vorjahreszeitraums stabil halten. Ein Zwischenfall bei dem Staudamm-Projekt Hidroituango in Kolumbien, bei dem der Damm fast gebrochen wäre, kostete den Dax-Konzern aber eine dreistellige Millionensumme. Nur weil es in anderen Bereichen besser lief und die Steuerlast sank, verdiente der Konzern insgesamt etwa so viel wie von Analysten erwartet.

An der Börse kamen die Nachrichten schlecht an. Bis zur Mittagszeit verlor die Munich-Re-Aktie 3,38 Prozent an Wert auf 181,40 Euro und war damit schwächster Wert im Dax. Ihre seit Jahresbeginn eingefahrenen Kursgewinne hat sie damit praktisch wieder eingebüsst. Analysten bemängelten die Entwicklung im Schaden- und Unfall-Geschäft, lobten aber die Fortschritte bei der Erstversicherungstochter Ergo, die seit langem als Sorgenkind gilt.

Im Rückversicherungsgeschäft musste die Munich Re für Grossschäden insgesamt 605 Millionen Euro bezahlen, fast zweieinhalb Mal so viel wie ein Jahr zuvor. In der Schaden- und Unfall-Rückversicherung reichten die Beitragseinnahmen daher nicht aus, um die Aufwendungen für Schäden, Verwaltung und Vertrieb zu decken. Die kombinierte Schaden-Kosten-Quote verschlechterte sich von 93,9 auf 102,0 Prozent.

Abgefedert wurde die Belastung von einem Gewinnsprung in der Leben- und Kranken-Rückversicherung, die ihr Ergebnis mehr als verdoppelte. Auch bei der Erstversicherungstochter Ergo lief es besser. Das in einem gross angelegten Umbau steckende Unternehmen aus Düsseldorf steigerte seinen Gewinn leicht auf 108 Millionen Euro.

Auch das Schaden- und Unfall-Geschäft warf bei Ergo mehr ab. Das Unternehmen konnte einen grösseren Teil der Prämien als Gewinn einstreichen. Die kombinierte Schaden-Kosten-Quote sank sowohl in Deutschland als auch im Auslandsgeschäft. Je niedriger die Quote liegt, desto besser für das Versicherungsunternehmen.

Ihre Beitragseinnahmen konnte die Munich Re in allen Bereichen steigern - ausser in der Lebens- und Kranken-Rückversicherung. Dort beendete der Konzern grossvolumige Verträge, die hohe Beitragseinnahmen, aber wenig Gewinn gebracht hatten. Dadurch gingen die Bruttoprämien auch konzernweit um fünf Prozent auf 11,2 Milliarden Euro zurück. Analysten hatten mit fast einer Milliarde höheren Beiträgen gerechnet.

Vorstandschef Wenning, der die Konzernführung 2017 von Nikolaus von Bomhard übernommen hatte, versucht den Rückversicherer stärker auf digitale Geschäftsmodelle zu trimmen. Dadurch soll er dem seit langem grassierenden Preiskampf in der Branche besser trotzen und seinen Gewinn nach jahrelangen Rückgängen wieder steigern können. Bis zum Jahr 2020 sollen 900 Arbeitsplätze wegfallen. Bis jetzt hätten Mitarbeiter mit 300 Vollzeitstellen für das Abfindungsangebot unterschrieben, sagte Wenning. Das seien 50 mehr als für 2018 geplant.

Unterdessen zeichnet die Munich Re in der Schaden- und Unfall-Rückversicherung wieder fleissig neues Geschäft mit Erstversicherern wie Allianz oder Axa. Bei der Vertragserneuerung zum 1. Juli weitete sie ihr Prämienvolumen um 42 Prozent auf 3,3 Milliarden Euro aus. In den von Naturkatastrophen betroffenen Märkten, vor allem in der Karibik, seien die Preise für Rückversicherungsschutz gestiegen, hiess es. Insgesamt verzeichnete die Munich Re einen Preisanstieg von 0,9 Prozent.

Im vergangenen Jahr hatten die Wirbelstürme "Harvey", "Irma" und "Maria" in den USA und der Karibik gewütet - und die Munich Re wie andere Rückversicherer schwer erwischt. Mit versicherten Schäden von je nach Studie etwa 135 Milliarden US-Dollar (rund 117 Mrd Euro) wurde 2017 zum schwersten Naturkatastrophenjahr für die Versicherungsbranche. Der Munich Re blieb gerade noch ein Jahresüberschuss von 375 Millionen Euro. Und im laufenden Jahr ist die gefährliche Hurrikan-Saison in den USA und der Karibik noch lange nicht zu Ende.

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