- von Tom Käckenhoff und Christoph Steitz

"Das zeigt, wo wir stehen und wie wir weitermachen werden und wie die Lage des Konzerns ist." Die Geschäfte liefen schlecht. "Das kann Anleger nicht überzeugen." Der Abstieg aus dem Dax sei die logische Konsequenz. "Aber es gilt jetzt nicht auf Eitelkeiten zu schauen, sondern nach vorne zu schauen." Er wolle den Konzern neu aufstellen und das Vertrauen der Anleger zurückgewinnen. Dann könne der Konzern womöglich auch wieder in die Top-30-Liga der deutschen Unternehmen zurückkehren.

Die Deutsche Börse hatte am Mittwochabend entschieden, dass Thyssenkrupp nach 31 Jahren den Index verlassen muss. Überraschend kam das nicht. Ein Kursrutsch von fast 50 Prozent binnen eines Jahres hatte den Stahlkonzern schon seit Wochen zum klaren Abstiegskandidaten gemacht. Nun könnte sich die Investorenbasis verändern, denn Index-Änderungen sind beispielsweise für Fonds, die das Börsenbarometer passiv nachbilden (ETFs), ausschlaggebend. In den Dax aufsteigen wird der Triebwerk-Hersteller MTU. Die Änderungen werden zum 23. September wirksam.

Für Thyssenkrupp ist der Abschied aus dem Dax ein weiterer Tiefschlag, gehörte das Unternehmen doch zu den Gründungsmitgliedern des Index. Ein Wiederaufstieg ist bislang nur Infineon und Continental gelungen.

"GANZ ANDERE SORGEN"

Thyssenkrupp kämpft mit hohen Verlusten, steigenden Schulden und steht im Visier der Ratingagenturen. Der Aktienkurs schmilzt dahin und notiert nur noch bei etwa elf Euro - weit entfernt von seinen besten Zeiten, als das Papier mehr als 40 Euro wert war. Kerkhoff, der seit seinem Amtsantritt vor gut einem Jahr mehrfach die Strategie gewechselt hat, setzt nun auf einen Börsengang oder Verkauf der milliardenschweren Aufzugssparte. Mit den Einnahmen soll der Konzern wieder ein stabiles Fundament bekommen.

"Wichtig ist, dass wir den Konzern jetzt neu und profitabler aufstellen, um so das Vertrauen der Anleger zurückzugewinnen. Darauf liegt unser Fokus, daran arbeiten wir mit aller Kraft", betonte Kerkhoff nun. Für die Kunden ändere sich nichts. Finanzchef Johannes Dietsch kann dem Abstieg sogar etwas Positives abgewinnen. Womöglich werde Thyssenkrupp nun weniger das Ziel von Spekulanten, die mit den Aktien kurzfristig Kasse machen wollten, sagte er. "Wir glauben, dass wir auch im MDax eine sehr gute Position haben und wir hier weiterhin hohes Investoreninteresse generieren werden."

Auch die Krupp-Stiftung, die mit 21 Prozent größter Einzelaktionär des über 200 Jahre alten Ruhrkonzerns ist, wollte die Entscheidung nicht überbewerten. "Für die Stiftung steht das Wohl des Unternehmens im Vordergrund – nicht, in welchem Index es gelistet ist", betonte sie. Ähnlich äußerte sich der Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Thomas Hechtfischer: Kerkhoff habe zu Recht darauf hingewiesen, dass der Konzern derzeit ganz andere Sorgen habe. "Wichtiger ist, dass der Börsengang oder Verkauf der Aufzugssparte ein Erfolg wird."

Die Thyssenkrupp-Aktie legte am Donnerstag zeitweise drei Prozent zu. Auch Experten hatten die Bedeutung eines Abstiegs nicht überbewerten wollen - zumal sich die deutschen Nebenwerte-Indizes in den vergangenen Jahren besser entwickelten als der Dax.