LAS VEGAS (dpa-AFX) - Amazons Cloud-Dienst AWS will den Empfang von Satellitenbildern und Geodaten für Unternehmen drastisch verbilligen. Mit dem neuen Dienst AWS Ground Service sollen die Kunden nur pro Minute zahlen, wenn sie Antennenstationen tatsächlich nutzen, erläuterte AWS-Chef Andy Jassy in der Nacht zum Mittwoch in Las Vegas.

Satellitenbilder sind schwer zu verarbeiten und noch schwerer zu empfangen. Wer sie direkt von der Quelle nutzen will, zum Beispiel für Navigationsdienste, musste bislang Empfangsstationen bauen und unterhalten, Software programmieren und dann immer warten, bis der Satellit am Himmel vorbeifliegt, um die Daten abzugreifen. Das dauert Zeit und ist mit hohem Finanzaufwand verbunden.

Die Amazon-Tochter AWS übernimmt jetzt diese Aufgaben. Eine erste Antenne ist bereits aufgebaut, elf weitere sollen voraussichtlich noch 2019 folgen. Im Vergleich zu herkömmlicher Technologie werden laut AWS für Download und Verarbeitung Kostenreduzierungen um bis zu 80 Prozent möglich sein.

Einer der davon profitieren will, ist Digitalglobe. Der Anbieter verkauft Satellitenfotos seit den 90er Jahren. Digitalglobe-Fotos haben nach der Katastrophe von Fukushima einen Überblick über den Zustand des Reaktors geliefert, bevor die ersten Helfer in die Hölle geschickt wurden. Digitalglobe-Aufnahmen mit Geodaten lokalisieren und erkennen mit Hilfe künstlicher Intelligenz zum Beispiel auch Flüchtlingsboote, ermitteln ihre Position und leiten Retter zu den Booten. Walter Scott, Gründer von Digitalglobe, glaubt, dass seine Technik mit dazu beigetragen hat, dass weniger Bootsflüchtlinge im Mittelmeer sterben.

Früher hat Maxair, die Muttergesellschaft von Digitalglobe, die Empfangsstationen selbst errichtet. Mittlerweile läuft das gesamte Unternehmen auf AWS-Infrastruktur in der Cloud. Das bedeutet, ohne eigene Computer und Speicheranlagen. Nun soll der Datenimport per AWS-Satelliten-Empfangsnetz in die Cloud wandern. Scott will die täglichen Zugriffe auf die Daten im All verdoppeln. Die Satelliten werden einfach an viel mehr Empfangsstationen vorbeifliegen als bisher und die Daten kommen von überall her ins Unternehmen.

Andy Jassy gibt zu, dass AWS die Idee nicht selbst gehabt habe, sondern Kunden an den Marktführer im weltweiten Cloud-Geschäft herangetreten seien. Nun erhofft er sich neue Kunden für Satellitenbetreiber und natürlich für AWS. Denn die Daten werden auf der Erde automatisch ins Amazon-System überführt und stehen dann AWS-Kunden zur Verfügung.

Jassy geht davon aus, dass Start-ups mit neuen Ideen für die Nutzung der Geodaten entstehen und mehr Forschungseinrichtungen, Hilfseinrichtungen oder Behörden, zum Beispiel bei Umwelt- oder Naturkatastrophen auf solche Daten zurückgreifen werden, aber auch Speditionsunternehmen, Militär oder Reedereien. Gerade Transportunternehmen stehen oft vor dem Problem, Satellitendaten aus mehreren Staaten und Kontinenten zu benötigen, aber nicht über die nötigen Empfangsanlagen zu verfügen. AWS hat über 57 sogenannte "Avilibility Zones" in 19 geografischen Regionen, in denen die Antennen installiert werden und löst damit das Problem.

Mit neuartigen Dienstleistungen wie dem Ground Service versucht AWS (Weltmarktanteil 32 Prozent), seinen Vorsprung gegen Konkurrenten wie Microsoft (Marktanteil 17 Prozent) oder Google (8 Prozent) zu verteidigen. Cloud-Computing ist hochattraktiv, margenstark und das schnellstwachsende Segment der IT-Industrie. Die Marktforschungsfirma Gartner rechnet für die gesamte Cloud-Industrie mit einem Wachstum von 305 Milliarden Dollar im Jahr 2018 auf 411 Milliarden 2020.

In Las Vegas kündigte AWS auch eigene Prozessoren an, die Chips von Intel und AMD in den Servern ersetzen sollen und pro Minute Arbeitszeit billiger angeboten werden als die der Konkurrenz. Die "re:invent" von AWS ist die größte Cloud-Computing-Konferenz der Welt und zieht noch bis Freitag rund 52 000 Teilnehmer nach Las Vegas./pos/DP/jha