- von Alexander Hübner

Vier Tage nach der Aufstockung der Offerte auf 5,8 Milliarden Euro lenkten die Amerikaner endgültig ein. Versum-Chef Seifi Ghasemi unterzeichnete am Freitag den Übernahmevertrag, nachdem er sich wochenlang gegen den Verkauf an die Deutschen gewehrt hatte, wie die Merck KGaA am Freitag mitteilte.

Der Konzern tariert damit seine drei Sparten besser aus, zugunsten des lukrativen Geschäfts mit Display- und Halbleiter-Herstellern. Der Anteil dieses Spezialchemie-Geschäfts am Umsatz des Konzerns steigt mit der Übernahme auf 23 von 16 Prozent. "Durch diese Transaktion ist Merck optimal positioniert, um von den langfristigen Wachstumstrends in der Industrie für Elektronikmaterialien zu profitieren", sagte Merck-Chef Stefan Oschmann.

Nach einem Blick in die Bücher hatte Merck Anfang der Woche seine Offerte für Versum auf 53 von 48 Dollar je Aktie nach oben geschraubt. Auf dieser Basis schlug Versum-Vorstandschef Ghasemi ein, nachdem er zuvor eigentlich einen Aktientausch mit dem amerikanischen Rivalen Entegris favorisiert hatte - obwohl dieser den eigenen Aktionären zunächst weniger eingebracht hätte. Der verschmähte Fusionspartner Entegris wollte das aufgestockte Merck-Angebot nicht mehr kontern und kann sich nun über eine Entschädigung von 140 Millionen Dollar freuen. Die Merck-Aktie gab zum Wochenausklang 2,2 Prozent nach.

AUF DER ZIELGERADEN ÜBERHOLT

Die geplante Fusion von Entegris und der ehemaligen Air- Products-Sparte Versum hatte die Deutschen erst auf den Plan gerufen. Der hessische Familienkonzern wollte sich die Chance nicht entgehen lassen und grätschte mit einem nicht mit Versum abgestimmten Gegenangebot dazwischen. Zwei Treffen von Ghasemi mit Merck-Chef Oschmann in New York und München brachten den Durchbruch. Jetzt räumte auch Ghasemi ein, dass die Offerte aus Deutschland besser sei als der Zusammenschluss mit Entegris. Formal müssen die Versum-Aktionäre auf einer außerordentlichen Hauptversammlung noch zustimmen.

Das Unternehmen aus Tempe im US-Bundesstaat Arizona stellt Prozesschemikalien, Gase und Ausrüstungen für die Chipfertigung her und setzte damit im vergangenen Jahr mit 2300 Mitarbeitern 1,2 Milliarden Euro um. Die operative Umsatzrendite (Ebitda-Marge) liegt bei 33 Prozent. Das werde sich sofort positiv auf die Gewinne von Merck auswirken, hieß es in der Mitteilung. Der Konzern erhofft sich von der Übernahme zudem binnen drei Jahren Einsparungen von 75 Millionen Euro im Jahr; zunächst war von 60 Millionen die Rede gewesen. Die Integration kostet aber zunächst 125 Millionen Euro.

Merck will den Zukauf mit Krediten eines Bankenkonsortiums und später mit Anleihen finanzieren, die Verschuldung aber so rasch wieder senken, dass der Konzern sein Investment-Grade-Rating nicht riskiert.