FRANKFURT (dpa-AFX) - Teurer Treibstoff und fallende Ticketpreise: Diese Kombination war zuletzt Gift für die Ergebnisse der Lufthansa. Und der Mangel an Fluglotsen dürfte den Konzern im Sommer erneut in Atem halten. Doch die Probleme der Branche könnten für die finanzstarke Kranich-Linie sogar Chancen bergen. Die wichtigsten Punkte für den Konzern, was Experten sagen und wie es für die Aktie läuft:

DAS IST LOS BEI DER LUFTHANSA:

Nach zwei Jahren auf Rekordkurs muss die Lufthansa 2019 voraussichtlich wieder kleinere Brötchen backen. Dabei hatten Anleger nach der Pleite der bis dahin größten heimischen Rivalin Air Berlin auf einen ungebremsten Höhenflug für Europas größte Fluggesellschaft spekuliert. 2017 flog der Dax-Konzern mit einem operativen Gewinn (bereinigtes Ebit) von fast 3 Milliarden Euro das höchste Ergebnis seiner Geschichte ein, und seine Billigtochter Eurowings übernahm große Teile der einstigen Konkurrentin.

2018 hätte die Lufthansa ohne die Kosten der Air-Berlin-Integration "das Rekordergebnis aus 2017 sogar übertroffen und die Drei-Milliarden-Grenze übersprungen", bilanzierte Lufthansa-Chef Carsten Spohr im März. Letztlich erreichte der operative Gewinn 2,8 Milliarden Euro - immerhin das zweithöchste Ergebnis der Konzerngeschichte. Doch für 2019 gab der Vorstand bei einem erwarteten Umsatzplus von rund 5 Prozent erstmals nur ein Margenziel aus - das auf einen operativen Gewinn von 2,4 bis 3,0 Milliarden Euro hindeutet.

Ein Ziel, an dem der Vorstand zwar auch im April noch festhält. Doch den für das Gesamtjahr maximal implizierten Rückgang hat der Konzern bereits im ersten Quartal komplett verbucht. Nach einen Plus von gut 52 Millionen Euro Anfang 2018 stand vorläufigen Zahlen zufolge jetzt ein Minus von 336 Millionen Euro zu Buche - ein Rückgang um fast 400 Millionen Euro. Gut die Hälfte davon lag an den gestiegenen Treibstoffkosten. Außerdem lagen die Ticketpreise vor allem auf den Europastrecken deutlich niedriger als Anfang 2018. Da hatte der Wegfall der Air-Berlin-Flüge der Lufthansa eine Sonderkonjunktur beschert.

Dass sich dieser Effekt nicht wiederholen würde, hatten Analysten zwar bereits einkalkuliert. Dennoch fiel der Verlust im ersten Quartal so viel höher aus als von Experten erwartet, dass sich die Lufthansa gezwungen sah, die wichtigsten Eckdaten zum Quartal zwei Wochen vor dem offiziellen Termin zu veröffentlichen.

Finanzvorstand Ulrik Svensson berichtete von einem Überangebot auf den Europastrecken. Dennoch sah er keinen Grund, an seiner Gewinnprognose für 2019 zu zweifeln - zumal diese eine vergleichsweise große Zielspanne enthält. Schon im zweiten Quartal soll sich die Entwicklung der Ticketpreise deutlich drehen. "Da sich das Wachstum im europäischen Luftverkehr auch insgesamt reduzieren wird, rechnen wir wieder mit einem Anstieg der Stückerlöse", sagte Svensson. "Dazu trägt auch die weiterhin gute Nachfrage auf Langstreckenflügen insbesondere nach Nordamerika und Asien bei."

Für einigen Ärger und zusätzliche Kosten könnten die ungelösten Engpässe bei den Fluglotsen in Deutschland und Europa sorgen. Trotz einiger Gegenmaßnahmen gebe es nach wie vor zu wenig Lotsen und überlastete Verkehrsräume bei einem gleichzeitig wachsenden Flugverkehr, hatte die Deutsche Flugsicherung (DFS) kürzlich eingeräumt. Die daraus folgenden Probleme wie Flugverspätungen hatten vielen Airlines 2018 millionenschwere Mehrkosten eingebrockt. Die Lufthansa konnte diese Lasten locker schultern. Doch einige Gesellschaften wie Small Planet und Germania mussten seither Insolvenz anmelden. Ende März stellte auch die isländische Wow Air ihren Betrieb ein.

DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:

Die meisten Analysten sind der Lufthansa-Aktie trotz aller Turbulenzen wohlgesonnen. Von den 19 im dpa-AFX Analyser erfassten Branchenexperten raten 13 zum Kauf der Papiere. Fünf Analysten empfehlen, die Aktie zu halten, nur einer rät zum Verkauf. Den Aktienkurs sehen die Experten absehbar auf dem Weg zu rund 25 Euro - ein Plus von etwa 12 Prozent zum aktuellen Niveau. Die Spanne der Prognosen ist allerdings groß: Sie reicht von 18,70 bis 35 Euro.

Die Aussichten für die Entwicklung der Ticketpreise blieben weiterhin gut, schätzt Bernstein-Analyst Daniel Roeska. Seine Kaufempfehlung für die Aktie hielt er daher auch nach den enttäuschenden Zahlen zum ersten Quartal aufrecht. Sein Kollege Per-Ola Hellgren von der LBBW schätzt nach den jüngsten Eckdaten hingegen, dass die Wahrscheinlichkeit einer Gewinnwarnung des Konzerns in den kommenden Monaten "deutlich gestiegen" ist. Von der Nachrichtenagentur Bloomberg befragte Experten gehen für 2019 allerdings im Schnitt derzeit immer noch von einem bereinigten Ebit in Höhe knapp 2,8 Milliarden Euro aus.

Unterdessen sieht Analyst Wolfgang Donie von der NordLB in den Überkapazitäten bei den Airlines und den steigenden Treibstoffkosten sogar eine Chance für die Lufthansa. Schließlich beträfen die Gründe für den schwachen Jahresstart die gesamte Branche. Damit steige der Konsolidierungsdruck in der Branche. Die Lufthansa könne hier aus einer Position der Stärke heraus weiterhin eine aktive Rolle übernehmen.

So hat der Vorstand immer wieder Interesse bekundet, weitere Airlines im In- und Ausland zu adoptieren. Dazu könnte eine neu aufgestellte Alitalia zählen, doch die Lufthansa will in diesem Fall nicht den italienischen Staat als Miteigner im Boot haben. Außerdem liebäugelt Spohr damit, den einst zum Konzern gehörenden Ferienflieger Condor zumindest teilweise zurückzukaufen. Dessen heutiger Eigentümer, der britische Reisekonzern Thomas Cook (Neckermann Reisen), hat im Februar all seine Fluggesellschaften zum Verkauf gestellt, weil er dringend Geld für Investitionen benötigt.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Für die Aktionäre der Lufthansa geriet die Zeit seit der Air-Berlin-Pleite zu einer Achterbahnfahrt. 2017 legte die Kranich-Aktie so stark zu wie keine andere Aktie im Dax und erreichte Anfang 2018 mit gut 31 Euro den höchsten Stand ihrer Geschichte. Dann kehrte Ernüchterung ein: Obwohl sich die Lufthansa für kleines Geld den Großteil des Air-Berlin-Geschäfts einverleibte, hatte sie mit ebenfalls verstärkter Konkurrenz durch Billigflieger wie Ryanair und Easyjet zu schaffen. Im Jahresverlauf ging es für die Aktie um mehr als ein Drittel nach unten.

Die Kurs-Bilanz für 2019 sieht trotz der Aussicht auf deutlich steigende Treibstoffkosten und den hohen operativen Verlust im ersten Quartal deutlich besser aus. Im Gleichklang mit dem Dax gewann die Lufthansa-Aktie seit dem Jahreswechsel rund 15 Prozent an Wert. Mit rund 22 Euro liegt sie allerdings noch immer rund ein Drittel unter ihrem Rekordwert von Anfang 2018./stw/nas