Er habe die Sparte, die mit der deutschen Linde AG zum Konzern gekommen war, erst allmählich zu schätzen gelernt, gab Linde-Chef Steve Angel am Donnerstag in Pullach bei München zu. Der Anlagenbau helfe Linde etwa, große Gasprojekte zu gewinnen. "Sie hatten ein fantastisches Jahr", sagte der Amerikaner. Der Anlagenbau steht nur für ein Zehntel des Konzernumsatzes, hat seinen Gewinn 2019 aber um mehr als ein Drittel gesteigert. Finanzchef Matt White hatte die Zukunft der Sparte in Zweifel gezogen. Im Gasegeschäft geht es für Linde in diesem Jahr darum, den Konjunkturabschwung weltweit abzufedern. In Deutschland werde der Abschwung Arbeitsplätze kosten.

"Es wird Stellenstreichungen geben", sagte Angel. Auf Zahlen wollte er sich nicht festlegen. "Deutschland ist schwach. Und Deutschland treibt Europa, also wird Europa schwach sein", malte er ein düsteres Bild der Konjunktur. Auch in den USA - dem mit Abstand größten Markt für Linde - schwäche sich die Industrie ab. Er rechne daher bestenfalls mit einem stagnierenden Absatz. Der Konzern könne aber auf einen Auftragsbestand von rund zehn Milliarden Dollar bauen. 2019 hatten Absatzzuwächse und höhere Preise zu gleichen Teilen zu einem Umsatzzuwachs von vier Prozent auf 28,2 Milliarden Dollar beigetragen.

Das operative Ergebnis der seit März 2019 bestehenden "neuen" Linde plc kletterte - um Währungs- und Fusionseffekte bereinigt - um 14 Prozent auf 5,27 Milliarden Dollar. Unter dem Strich stand beim Nettogewinn von 4,00 Milliarden Dollar sogar ein Plus von 21 Prozent. Dazu trugen Einsparungen infolge der Fusion bei. "Wir finden immer Wege, aus weniger mehr zu machen - Jahr für Jahr", sagte Angel. Insgesamt steige aber die Zahl der Mitarbeiter. Nach früheren Angaben der IG Metall will Linde in Deutschland im Zuge der Fusion 850 der rund 7000 Arbeitsplätze abbauen. Die Zahl sei - zumindest kurzfristig - wohl zu hoch, sagte der Vorstandschef. Aus der ehemaligen Zentrale in der Münchner Innenstadt ist Linde ausgezogen, Pullach bleibt aber der größte Produktionsstandort.

Für das neue Jahr hat sich Linde trotz der Konjunkturflaute kräftige Gewinnsteigerungen vorgenommen. Der Gewinn je Aktie soll um neun bis zwölf Prozent auf 8,00 bis 8,25 Dollar steigen - und das sei eine konservative Annahme, sagte Angel. Für das erste Quartal erwartet Linde sogar einen Zuwachs von elf bis 16 Prozent. 2019 hatte die Kennziffer mit 7,34 Dollar über den - vorher dreimal angehobenen - Erwartungen (7,25 bis 7,30 Dollar) gelegen. Das gefiel den Anlegern: Die Linde-Aktie stieg in Frankfurt zeitweise um 4,7 Prozent auf ein Rekordhoch von 208,50 Euro. Der Löwenanteil der Aktien wird aber in New York gehandelt.