Leoni-Chef Aldo Kamper will vor allem die zuletzt stark gewachsene Bordnetz-Sparte umkrempeln, in der Kabelbäume für die Autoindustrie gefertigt werden. Mit einem konzernweiten Sparprogramm sollen die Kosten in den nächsten drei Jahren um bis zu 500 Millionen Euro sinken, wie Leoni am Sonntagabend mitteilte. Das kostet aber zunächst 120 Millionen Euro. Die erst im Februar abgegebenen Prognosen für das laufende Jahr, die schon einen Gewinneinbruch vorgesehen hatten, sind schon wieder Makulatur.

Finanzvorstand Karl Gadesmann, der vor Kampers Amtsantritt ein halbes Jahr Vorstandssprecher war, geht nun mit sofortiger Wirkung. "Die Entwicklungen Ende 2018 und insbesondere in den ersten beiden Monaten 2019 haben deutlich gemacht, dass wir noch schneller und konsequenter handeln müssen, um Leoni wieder auf die Erfolgsspur zu bringen", sagte Kamper. Er übernimmt zunächst die Aufgaben des Finanzchefs selbst. Größere Probleme als gedacht macht vor allem ein neues Bordnetz-Werk im mexikanischen Merida. Es kämpft mit Anlaufschwierigkeiten, was Leoni in diesem Jahr rund 50 Millionen Euro kosten dürfte. Auch der Finanzchef und der Produktionsleiter der Sparte müssen gehen.

EIN ZEHNTEL DES GESCHÄFTS STEHT ZUR DISPOSITION

Der geplante Gewinn vor Steuern und Zinsen (Ebit) von 100 bis 130 Millionen Euro in diesem Jahr sei nicht mehr erreichbar, räumte Kamper ein. Bereits im abgelaufenen Jahr war das Ebit um mehr als ein Drittel auf 144 Millionen Euro eingebrochen. Auch von der Umsatzprognose von 5,2 (2018: 5,1) Milliarden Euro hat sich Leoni verabschiedet. Rund 500 Leoni-Mitarbeiter müssen in Deutschland und anderen Hochlohnländern gehen, die meisten in der Verwaltung. 60 Millionen Euro hat Kamper dafür reserviert. Zudem gibt es eine Einstellungsstopp. Für Geschäftsbereiche mit einem Umsatzvolumen von zusammen 500 Millionen Euro, die nicht die verlangten Zahlen bringen oder strategisch keine Bedeutung mehr haben, will Kamper "alle Optionen prüfen".

Der ehemalige Osram-Manager will Leoni mit dem Sparprogramm wieder in die Spur bringen. Die Umsatzrendite vor Steuern und Zinsen (Ebit-Marge), die zuletzt auf 2,8 Prozent geschrumpft war, soll sich damit binnen drei Jahren um zwei bis drei Prozentpunkte verbessern. Dafür verabschiedet sich Kamper vom Wachstumskurs in der größten Sparte: Stärker als der Markt müsse der Bordnetz-Bereich künftig nicht mehr wachsen - er soll stattdessen mehr Gewinn liefern. Kamper deutete an, dass sich in den Büchern zu viele unprofitable Aufträge fänden. "Leoni wird noch selektiver in der Annahme von Projekten sein und sich stärker auf strategische Kundenbeziehungen konzentrieren", hieß es in der Mitteilung. Nur so lasse sich Komplexität reduzieren.