FRANKFURT/PARIS/MAILAND (dpa-AFX) - Die rasche Ausbreitung des Coronavirus hat am Dienstag die Aktien aus dem Automobilsektor europaweit weiter stark belastet. Als Belastung hinzu kamen nun schlechte Nachrichten vom Zulieferer Leoni.

Nachdem die Branchenwerte bereits zu Wochenbeginn angesichts des allgemeinen Ausverkaufs an den Aktienmärkten europaweit um 5,5 Prozent eingebrochen waren, stand nun ein Minus von zuletzt rund 1,5 Prozent zu Buche. Damit waren die Autowerte das Schlusslicht im Sektortableau. Inzwischen notiert der Branchenindex auf dem tiefsten Niveau seit August letzten Jahres.

Am Montag hatte Alarmstimmung an den Börsen geherrscht, da sich das Coronavirus inzwischen in Ländern außerhalb Chinas stark vermehrt. In Asien trifft dies auf Südkorea zu, in Europa seit dem Wochenende auf Italien. Am Dienstag nun wurde bekannt, dass in dem wichtigen Absatzmarkt China die Zahl der Opfer und Infizierten durch das Virus erneut gestiegen ist.

Von der Ausbreitung des Virus könnte vor allem der deutsche Automobilsektor negativ betroffen sein, hatte Unicredit-Deutschland-Chefvolkswirt Andreas Rees erst am Montag betont. Ungefähr 20 Prozent der rund 21 Millionen Pkws, die letztes Jahr in China verkauft worden seien, stammten von hiesigen Unternehmen. Angesichts bedeutender ausländischer Direktinvestitionen in China und anderen Ländern könnte es zu Störungen in den internationalen Lieferketten kommen.

Beim angeschlagenen Kabel- und Bordnetzspezialisten Leoni lässt derweil eine Trendwende weiter auf sich warten. Im Geschäftsjahr 2019 rutschte der Zulieferer wegen der Krise der Autobranche, des laufenden Konzernumbaus und Problemen bei einem Großauftrag noch tiefer in die roten Zahlen als ohnehin befürchtet.

Analysten äußerten sich entsprechen skeptisch. Das bereinigte operative Ergebnis habe seine Erwartungen um 30 Millionen Euro verfehlt, schrieb Analyst Jose Asumendi von der US-Bank JPMorgan. Grund dafür sei eine viel schwächere Entwicklung in der Draht- und Kabelsparte.

Insgesamt bleibe die Verschuldung des Autozulieferers ein großer Sorgenfaktor, schrieb Analystin Yasmin Steilen von der Commerzbank. Umsetzungsrisiken beim Unternehmensumbau, die Qualität der Auftragsbücher und eine bevorstehende IT-Umstellung seien weitere Gründe für ein insgesamt ungünstiges Profil von Chancen und Risiken.

Positiv werteten Experten hingegen die überraschend positive Entwicklung des freien Mittelzufluss. Der sogenannte Free Cashflow ist eine viel beachtete Kennziffer, da sie Aufschluss über die Finanzkraft eines Unternehmens gibt. Ist der freie Mittelzufluss negativ, wird quasi Geld verbrannt. Allerdings gab der Fachmann Tim Schuldt vom Analysehaus Pareto Securities zu bedenken, dass der Free Cashflow auch stark durch den Verkauf von Forderungen verzerrt gewesen sein könnte.

Die Leoni-Anleger quittierten die Zahlen mit einem Minus von rund 7,5 Prozent auf 10,285 Euro, was den letzten Platz im schwachen Nebenwert-Index SDax bedeutete. Damit fanden sich die Papiere auf dem Niveau von Anfang Februar wieder. Im Januar 2018 hatten die Anteilsscheine von Leoni noch ein Rekordhoch von gut 66 Euro erreicht, bevor sie sich auf eine monatelange Talfahrt begeben haben.

Nun erscheinen die Leoni-Aktien aus charttechnischer Sicht angeschlagen. Nach den Kursverlusten der letzten Tage notieren die Papiere inzwischen unter den 21-, 50- und 200-Tage-Durchschnittslinien, welche die kurz-, mittel- und langfristigen Trends beschreiben. Doch immerhin könnten die Anteilsscheine bei der Marke um 10 Euro erst einmal einen tragfähigen Boden ausbilden, schrieben die Autoren von Berneckers Börsenbrief "AB Daily"./la/eas/men