FRANKFURT (dpa-AFX Broker) - Infineon gehört zu den wenigen deutschen reinen Technologiekonzernen mit Weltruf. Das von Siemens im Jahr 2000 an die Börse gebrachte Unternehmen blickt auf eine kurze, aber bewegte Geschichte zurück. Vom Dotcom-Start mit einem fulminanten Börsengang inklusive mit Porsche und Rennanzug vorfahrendem Unternehmenschef Ulrich Schuhmacher über den Fast-Pleite-Kandidaten in der Finanzkrise bis zum profitabel wachsenden Unternehmen in nicht mal 20 Jahren.

DAS IST DERZEIT LOS BEI INFINEON:

Bei Infineon brummen die Geschäfte schon seit einiger Zeit - eine hohe Nachfrage nach Chips für Autos und die zunehmende Digitalisierung von industriellen Prozessen oder des Alltags treiben das Geschäft an. Vor allem im Geschäft mit Autoherstellern lief es die vergangenen Jahre rund.

Erst vor einer Woche hatte Infineon seine Wachstumsziele erhöht. Im kommenden Geschäftsjahr 2018/2019 sind dank des hohen Auftragsbestands zehn Prozent Umsatzplus drin. Für die anschließenden Jahre geht der Konzern von durchschnittlich neun Prozent aus. Um das Wachstum nachhaltig abzusichern, will Infineon zudem mehr Geld investieren als zuvor angekündigt.

Da dabei den Plänen zufolge viel in neue, effizientere Fertigungsanlagen investiert wird, und zudem die Verwaltungs- und Vertriebskosten nicht so stark wie der Umsatz steigen sollen, rechnet der seit 2012 amtierende Unternehmenschef Reinhard Ploss auch mit einer steigenden Profitablität. Nicht nur der Umsatz, sondern auch der Gewinn sollte also in den kommenden Jahren kräftig steigen.

Das ist - neben eigenen Übernahmen - ein gutes Mittel, um nicht ins Visier von anderen Chipkonzernen zu geraten. Gerade in der Branche hatte sich das Übernahmekarussell in den vergangenen Jahren schnell gedreht. So will der US-Chipkonzern Qualcomm derzeit mit NXP einen der Hauptkonkurrenten von Infineon im Autobereich für 43 Milliarden Dollar schlucken.

Infineon selbst wird selten als mögliches Zukaufsziel genannt. Vielmehr tauchten die Deutschen in den vergangenen Jahren immer wieder auf der Käuferseite auf - allerdings in eher bescheidenem Maß. Dabei sticht die rund drei Milliarden Dollar teure Übernahme von International Rectifier aus dem Jahr 2014 heraus. Noch lieber gibt Infineon das Geld anders aus. So hatte Ploss im Mai angekündigt, am Standort Villach 1,6 Milliarden Euro in ein Halbleiterwerk und Forschungszentrum zu stecken - es ist die bisher größte Einzelinvestition des Unternehmens.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Der Kurs der Aktie spiegelt die zuletzt positive Entwicklung des Unternehmens wider. Seit Jahren befindet sich das Papier auf einem Höhenflug und mit einem Börsenwert von inzwischen wieder 29 Milliarden Euro gehört das Unternehmen längst wieder zum gesicherten Dax-Mittelfeld - das war nicht immer so. Immerhin hatte das Papier 2009 in Zeiten der größten Unternehmenskrise kurzfristig mal der Hannover Rück den Platz im deutschen Leitindex überlassen.

Für den jüngsten Schub sorgten die neuen Wachstumsprognosen - die Aktie kletterte am Freitagvormittag bis auf 25,76 Euro zwischenzeitlich auf den höchsten Stand seit 2002. In diesem Jahr summiert sich das Plus auf 11 Prozent, damit ist die ehemalige Siemens-Tochter mal wieder einer der stärksten Dax-Titel. Noch imposanter sind die Kursgewinne in den vergangenen fünf beziehungsweise zehn Jahren. Hier belaufen sich die Zuwächse auf fast 290 Prozent beziehungsweise knapp 340 Prozent.

Damit ist die existenzbedrohende Krise im Jahr 2009 auch an der Börse längst Geschichte. Vor knapp zehn Jahren hatten viele Experten angesichts der Probleme der Speicherchipsparte keinen Pfifferling mehr auf Infineon gewettet. Der Kurs dümpelte nahe der Nulllinie. Die Papiere waren zeitweise für weniger als 0,40 Cent zu haben.

Wer vor knapp zehn Jahren auf Infineon gesetzt hatte, hat jetzt also viel Freude an dem Papier. Das gilt nicht für die Erstzeichner im Jahr 2000. Infineon war neben der Telekom wohl eines der besten Symbole für die geplatzte Dotcom-Blase. So hatte es im März 2000 kaum ein Partygespräch gegeben, bei dem nicht über den Börsengang gesprochen wurde .

Wer Papiere für damals 35 Euro zugeteilt bekommen hatte, konnte sich schnell über hohe Zeichnungsgewinne freuen. Die Titel schossen in den Woche danach bis auf knapp 84 Euro nach oben, um dann schnell abzustürzen. Mit dem jetzigen Kursniveau ist der Ausgabepreis immer noch rund 40 Prozent entfernt.

DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:

Die setzen auf einen Anstieg der Aktie - gerade nach den jüngsten Aussagen zum Wachstum. Seitdem erhöhten folgende von dpa-AFX erfassten Häuser ihre Kursziele: Credit Suisse, Citigroup, Deutsche Bank, Goldman Sachs, Independent Research, Societe Generale und Warburg Research.

Aktuell trauen 14 der 22 von der Finanz-Nachrichtenagentur befragten Experten Infineon weitere Kursgewinne zu und empfehlen das Papier zum Kauf. Am optimistischsten dabei sind die Experten der Deutschen Bank und Berenberg, die beide ein Kursziel von 30 Euro haben.

Für den Deutsche-Bank-Experten Johannes Schaller herrscht bei Infineon derzeit eine fast perfekt Balance zwischen langfristigem Wachstum und einer hohen Profitabilität. Er geht davon aus, dass Infineon in den kommenden Jahren Umsatz und Gewinn deutlich steigern kann. Das Management um Unternehmenschef Ploss konnte bei einem Kapitalmarkttag in dieser Woche eindrucksvoll untermauern, wie die wenige Tage zuvor veröffentlichten neuen Ziele beim Umsatz und Marge erreicht werden können. Ähnliche Urteile fällten zum Beispiel die Experten von Berenberg und Goldman Sachs./zb/mis/fba