DÜSSELDORF (dpa-AFX) - Machtwechsel bei Henkel. Konzernchef Hans Van Bylen wird den Konsumgüterkonzern vorzeitig verlassen. Der Belgier stand stets im Schatten seines Vorgängers Kasper Rorsted. Es übernimmt ein alter Bekannter: Finanzvorstand Carst Knobel. Was beim Unternehmen los ist, was Analysten sagen und was der Aktienkurs macht.

DAS IST LOS BEI HENKEL:

Gemunkelt wurde es schon länger, Ende Oktober wurde es Gewissheit. Das Gastspiel Van Bylens an der Spitze des Herstellers von Marken wie Persil oder Schwarzkopf blieb nur ein Kurzes. Gerade einmal dreieinhalb Jahre hat der Belgier den Konzern geführt, wenn er Henkel zum Jahresende verlässt. Seinem Nachfolger Knobel hinterlässt er eine durchwachsene Bilanz. So gelang es Van Bylen nicht, das jüngst schwächelnde Wachstum der Düsseldorfer anzukurbeln. Auch die Profitabilität zuletzt zu wünschen übrig.

So leidet die konjunktursensible Klebstoffsparte unter der Schwäche in der Automobilindustrie. Das Geschäft mit Haut- und Haarpflege ist einem hohen Konkurrenzdruck in den reifen Märkten - insbesondere in Europa - ausgesetzt. Höhere Kosten für Marketing und Vertrieb knabbern am Gewinn. Rund läuft lediglich das Geschäft mit Wasch- und Reinigungsmitteln wie etwa Persil, Somat oder Sidolin, wobei sich die Entwicklung zuletzt deutlich abschwächte. Als Folge musste Henkel seine Prognosen für das laufende Jahr senken.

Van Bylen wollte die Wachstumsschwäche mit zusätzlichen Investitionen ankurbeln. Eingeplant hat er dafür rund 300 Millionen Euro im Jahr. Der Markenartikel-Hersteller will damit das Wachstum in den Konsumentengeschäften stärken und seine digitale Transformation beschleunigen. Auch dem Ökologie-Trend wollte Henkel folgen. Noch haben sich die Maßnahmen nicht ausgezahlt, die Kosten aber lasten auf der Profitabilität.

Van Bylen hatte den Stab im Mai 2016 von Rorsted übernommen, der damals zum Sportartikelhersteller Adidas wechselte. Der Däne Rorsted hatte Henkel acht Jahre geführt und den einst behäbigen Konzern entstaubt, auf Rendite getrimmt und das Markendickicht gelichtet. Dabei stand die Profitabilität über allem, das Wachstum geriet in den Hintergrund. An der Börse feierte der von außen kommende Manager, der zuvor etwa bei Hewlett Packard gearbeitet hatte, große Erfolge und stieg zum Liebling der Analysten auf.

Mit Knobel sollen nun die Erfolge zurückkommen. Die Erwartungen an den Manager, der seit 2012 Finanzvorstand ist, sind hoch. Nachhaltiges profitables Wachstum soll bei Henkel weiterhin im Mittelpunkt stehen. Doch Knobel muss gegen sein Image als Zahlenmensch kämpfen. So gab es von der Kapitalmarktseite bereits Kritik an der internen Lösung.

DAS SAGEN ANALYSTEN:

Enttäuscht zeigten sich etwa die Analysten von JPMorgan. In der Konsumgüterbranche hätten es Finanzchefs in der Vergangenheit nur selten geschafft, als Unternehmenschef erfolgreich zu sein, schrieb Celine Pannuti in einer kürzlich veröffentlichten Studie. Zudem sei Knobel schon Teil des Henkel-Managements gewesen, das es zuletzt nicht geschafft habe, operativ zu liefern. Auch sei er mitverantwortlich für die Übernahme des US-Wachmittelherstellers Sun Products, die enttäuschte und zu erheblichem Druck in den USA führte. Die Analystin hält einen strategischen Neuanfang für notwendig und hatte auf frischen Wind durch einen von außen kommenden Chef gehofft. Den Willen, sich neu aufzustellen - etwa durch Akquisitionen oder womöglich sogar durch eine Aufspaltung des Konglomerats - spricht sie Henkel damit ab.

Auch Martin Deboo vom Analysehaus Jefferies zeigt sich kritisch. Zwar begrüßte er den Wechsel an der Spitze generell. Doch stellt er in Frage, ob ein Manager wie Knobel, der an den Entscheidungen und Weichenstellungen der vergangenen Jahre beteiligt war, die richtige Antwort auf die Herausforderungen bei Henkel sei. So habe Knobel eine lange Aufgabenliste. Von einem hinter Wettbewerbern zurückbleibendem Klebstoffgeschäft über das Marktanteile verlierende US-Waschmittelgeschäft bis hin zu einem wettbewerbsintensiven Konsumgütermarkt reichten die Probleme.

Eine Möglichkeit für Henkel, neue Wachstumsmöglichkeiten zu erschließen, könnte sich Knobel schon in Kürze ausgerechnet im schwächelnden Kosmetikbereich bieten. Denn der Kosmetikkonzern Coty prüft zurzeit nach eigenen Angaben den Verkauf bekannter Marken wie Wella. Für Wella hatte sich Henkel bereits in der Vergangenheit interessiert. Für eine Übernahme macht sich etwa Analyst Iain Simpson von der britischen Bank Barclays stark. Alternativ könne sich Henkel von dem seit Jahren schwächelnden Kosmetikgeschäft trennen, schlug er vor.

Andere Marktbeobachter bemängeln hingegen, dass Wella heute als Übernahmeziel längst nicht mehr so attraktiv sei wie in der Vergangenheit. Jörg Philipp Frey von Warburg Research warnte sogar explizit vor einer solchen Übernahme. Die Kombination zweier schrumpfender Marken beschleunige normalerweise nur die Umsatzerosion, so dass dies eine risikoreiche Transaktion wäre. "Solange es Henkel nicht gelungen ist, das eigene Beauty-Care-Geschäft wieder auf Wachstumskurs zu bringen, dürfte das Vertrauen, den Turnaround von Wella zu bewältigen, während zwei Branchengrößen (Coty, Procter & Gamble) das Geschäft nicht wiederbeleben konnten, sehr niedrig sein", kommentierte er.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Die lange Jahre erfolgsverwöhnten Investoren hatten in den vergangenen Jahren wenig Freude an ihren Henkel-Aktien. Kletterte die Aktie im Juni 2017 auf ein Rekordhoch von fast 130 Euro, ging es danach stetig bergab. In diesem Jahr fällt die Aktie erheblich hinter der Entwicklung der anderen Dax-Konzerne zurück und gehört zu den schwächsten Werten des Index. Auch die Nachricht über den Chefwechsel konnte nicht beflügeln. Das Papier verlor am Tag nach der Bekanntgabe des Chefwechsels in der Spitze mehr als 4 Prozent. Danach erholte sich die Aktie wieder leicht. die überwiegende Anzahl der Analysten nimmt derzeit eine abwartende Haltung ein./nas/knd/fba