(Im fünften Absatz wurde ein Tippfehler korrigiert: Carl Zeiss statt Carl Zeiß.)

HALLE (dpa-AFX) - Die traditionsreiche Schokoladenfabrik Halloren soll nach zwei Verlustjahren von einem Sanierungsexperten wieder auf Kurs gebracht werden. Der Manager Ralf Coenen (56) übernimmt am 1. Mai im Alleingang die Führung bei dem Unternehmen aus Halle, wie ein Halloren-Sprecher am Donnerstag bestätigte. Der langjährige Vorstandschef und das Gesicht von Halloren, Klaus Lellé, muss hingegen seinen Posten räumen, ebenso wie der Rest der Führungsriege. Zuerst hatte die "Mitteldeutsche Zeitung" über die entsprechende Entscheidung des Aufsichtsrats berichtet.

Erst im Sommer hatte Halloren seinen Vorstand umgebaut, der langjährige Hauptaktionär Paul Morzynski verkaufte all seine Anteile an den jetzigen Hauptaktionär Charlie Investors. Gewerkschafter reagierten beunruhigt auf die neuen Personalentscheidungen.

Halloren ist nach eigenen Angaben Deutschlands älteste Schokoladenfabrik. 2016 hatte die Firma bei einem Umsatz von 124,1 Millionen Euro knapp eine Million Euro Verlust gemacht. Auch 2015 gab es ein Minus. Neuere Zahlen liegen nicht vor. Chef Lellé hatte die Verluste mit großen Problemen bei der Pralinen-Tochter Bouchard erklärt. Von dem belgischen Hersteller trennte sich Halloren zuletzt ebenso wie von Steenland und der Delitzscher Schokoladenfabrik.

Jetzt soll Coenen den Traditionsbetrieb wieder auf die Erfolgsspur führen. Der 56-Jährige kommt vom Beratungsunternehmen Taskforce (München). Er sehe seine Aufgabe insbesondere darin, Halloren am Standort Halle wieder auf seine Kernkompetenzen und sein Hauptprodukt zu fokussieren, erklärte er. Dazu gehört die Halloren-Kugel. Für ihn habe das Unternehmen guten Chancen für eine erfolgreiche Zukunft. "Dafür werde ich gemeinsam mit den langjährigen und hochmotivierten Mitarbeitern am Traditionsstandort Halle Sorge tragen."

Unklar ist, welche Auswirkungen die Neubesetzung im Vorstand auf die Beschäftigten hat. Die Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG) reagierte besorgt auf den angekündigten Einsatz eines Sanierungsexperten. Coenen war unter anderem beim Göppinger Modelleisenbahnbauer Märklin, bei Carl Zeiss und bei Leica tätig.

Die Entscheidung zeige, dass das Unternehmen in einer ernsten Lage sei, sagte NGG-Regionalgeschäftsführer Jörg Most der dpa. Es bedeute aber auch, dass Halloren in ruhiges Fahrwasser zurückgeführt werden könne. Das Wichtigste sei jetzt, den Standort samt Jobs zu sichern. Allein am Stammsitz Halle arbeiten den Angaben zufolge 270 Beschäftigte. "Es ist die älteste Schokoladenfabrik Deutschlands. Eigentlich kann man sich Halle nicht ohne Halloren vorstellen."

Kritik äußerte Halloren-Anteilseigner Katjes aus Emmerich, wie die "Mitteldeutsche Zeitung" vorab (Freitag) berichtete. "Wir halten Herrn Coenen für eine Fehlbesetzung, weil er über keinerlei Süßwaren- oder Food-Erfahrung verfügt. Stattdessen wird weiter kaputtsaniert", sagte eine Sprecherin. Zwischen Katjes und der bisherigen Halloren-Führung kam es zuletzt immer wieder zu Spannungen. So wurde gemunkelt, dass der Süßwarenriese versuche, Halloren zu übernehmen. Die Entscheidung, sich 2016 vom Entry Standard der Frankfurter Börse zurückzuziehen, gilt als eine Folge dieser Befürchtungen.

Halloren wurde jahrelang als Vorzeigeunternehmen des Ostens gefeiert, erzielte Rekordumsätze sowie Gewinne, expandierte mit Verkaufsfilialen in Deutschland, kaufte Firmen zu und lieferte in die USA. Zulezt kämpfte das Unternehmen mit Turbulenzen am Rohstoffmarkt, wie für Kakao und Zucker, und Preisdruck aus dem Handel. Vor allem die belgische Pralinentochter Bouchard brachte den Hallensern kein Glück.

Mit Lellé geht ein Urgestein: Er hatte zusammen mit dem langjährigen Hauptaktionär Morzynski das nach 1990 von der Schließung bedrohte Unternehmen auf Kurs gebracht. Wie der Sprecher von Halloren weiter mitteilte, soll Lellé weiter für Halloren tätig sein: als Chef einer neuen Vertriebsfirma./pb/hnl/DP/zb