Die letzte Jahresbilanz des 65-jährigen Managers mit dem markanten Schnauzbart fiel am Mittwoch enttäuschend aus: Der Nettogewinn brach - nach dem Rekordjahr zuvor - um fast ein Drittel auf 7,6 Milliarden Euro ein. "Für Daimler war 2018 ein Jahr mit starkem Gegenwind", räumte ein dennoch gut gelaunter Zetsche ein. Denn für den Umschwung hin zu elektrisch betriebenen oder autonom fahrenden Autos sieht er sein Haus gut aufgestellt. Umsatz und Absatz von Daimler legten im vergangenen Jahr um zwei Prozent auf gut 167 Milliarden Euro und 3,35 Millionen Fahrzeuge zu. Die Marke mit dem Stern verteidigte ihre Spitzenstellung vor dem Rivalen BMW.

Zetsches Nachfolger, Entwicklungschef Ola Källenius, steht allerdings vor großen Aufgaben, wenn er im Mai den Vorstandsvorsitz übernimmt: Die deutsche Autoindustrie steckt im größten Umbruch ihrer Geschichte. Klimaschutz und Digitalisierung zwingen sie, auf elektrisch und selbst fahrende Autos umzusteigen. Die dafür nötigen Investitionen sind enorm, viele Konzerne suchen deshalb Bündnispartner. Parallel dazu kühlt sich die Autokonjunktur gerade ab, belastet von Handelsstreit und Brexit. Um wendiger zu werden, steht bei Daimler ein Umbau zu einer Dachgesellschaft mit selbstständigen Töchtern an. Und nicht zuletzt: Beim Anlauf neuer Modelle hakt es. Zetsche habe einige Probleme zuletzt liegengelassen, erklärte Frank Schwope, Autoanalyst von der NordLB. "Für Källenius gibt es eine Menge Aufräumarbeiten zu tun."

BILANZ VERHAGELT

Der Gewinneinbruch 2018 kam nach zwei Prognosesenkungen durch Daimler nicht unerwartet und hatte viele Ursachen: Kosten von Rückrufen für Fahrzeuge mit zu hohen Dieselabgasen oder verbotenem Kältemittel, höhere Importzölle Chinas gegen die USA, Preiskampf und Angebotslücken wegen der Umstellung auf das neue Abgastestverfahren WLTP. Vor allem die Hauptsparte, die Pkw-Tochter Mercedes-Benz Cars, büßte dadurch an Gewinn ein. Ihre Rendite sackte um anderthalb Prozentpunkte ab auf 7,8 Prozent. Sie bleibt auch 2019 unter Druck, zum Beispiel weil Zetsche zufolge Qualitätsprobleme den Anlauf der Kompaktwagenproduktion im neuen Gemeinschaftswerk mit Nissan in Mexiko aufhalten. Für 2019 peilt Mercedes-Benz eine Umsatzrendite von sechs bis acht Prozent an - die Zielspanne von acht bis zehn Prozent Profit ist erst wieder 2021 in Sicht. Der Betriebsgewinn des Konzerns soll 2019 um mehr als fünf Prozent zulegen.

Anleger zeigten sich ernüchtert. Die Daimler-Aktie fiel um bis zu 3,6 Prozent auf 51,02 Euro und drückte europaweit auf die Stimmung. "Daimler braucht dringend Effizienzprogramme, wenn es bis 2021 wieder im Bereich der Zielrenditen liegen möchte", sagte Analyst Arndt Ellinghorst von Evercore ISI.

Die Aktionäre erhalten eine um 40 Cent auf 3,25 Euro gekürzte Dividende, hier hatten Branchenexperten allerdings mit einem noch stärkeren Einschnitt gerechnet. Auch die Belegschaft trifft es: Die tarifgebundenen Mitarbeiter in Deutschland kassieren eine um gut 700 Euro niedrigere Sonderzahlung von knapp 5000 Euro für das abgelaufene Jahr.

KOSTEN RUNTER?

Analyst Ellinghorst mahnte: "Daimler muss sich überlegen, weshalb Mercedes etwa 20 Prozent mehr Mitarbeiter als BMW beschäftigt, obwohl beide in etwa gleich viel Autos bauen", erklärte er. Zetsche kündigte zwar Effizienzmaßnahmen an, ließ sich aber keine Details entlocken. Die weltweit knapp 300.000 Köpfe zählende Belegschaft soll weiter geringfügig wachsen, Investitions- und Forschungsausgaben sollen auf hohem Niveau von zusammen 16,5 Milliarden Euro im Jahr bleiben.

Mercedes plant mehr als zehn reine E-Autos bis 2022. Das erste, bald auf den Markt kommende Modell, der EQC, sei so stark nachgefragt, dass die Produktion nicht nachkommen werde, sagte Zetsche. Mobilitätsdienste wie Car-Sharing oder Shuttles sollen außerdem das lukrative Geschäft von morgen sein. Der Umsatz damit belief sich zuletzt auf zwei Milliarden Euro, erklärte Finanzchef Bodo Uebber - ob das junge Geschäftsfeld profitabel ist, blieb offen.

Die deutschen Autobauer und große Zulieferer sind im Gespräch über eine Kooperation bei der Entwicklung selbst fahrender Autos, um die hohen Kosten zu teilen, das stritt auch Zetsche nicht ab. Der Ausgang sei aber offen. Das gilt auch für größere Projekte mit dem neuen Daimler-Großaktionär Li Shufu, Chef des größten chinesischen Autobauers Geely.

Nach 13 Jahren an der Spitze des Autokonzerns, bei dem er sein gesamtes Berufsleben verbrachte, sei er mit sich total in Frieden, erklärte Zetsche. Eine gute Grundlage für das weitere Wachstum von Daimler sei gelegt. Deshalb sei es gleichgültig, ob er mit einem Spitzenjahr abschließe - oder eben nicht.