Zürich (awp) - Der Vermögensverwalter GAM wechselt nach den milliardenschweren Vermögensabflüssen der letzten Monate seinen Chef aus. CEO Alexander Friedman verlässt das Unternehmen per sofort. Interimistisch übernimmt Verwaltungsratsmitglied David Jacob die Position, die Suche nach einem neuen Gruppenchef ist eingeleitet.

Friedman und der Verwaltungsrat hätten sich "darauf geeinigt, dass der nächste Entwicklungsschritt des Unternehmens unter neuer Führung angegangen werden" solle, teilte GAM am Dienstag mit. Der Fokus des Interims-CEO Jacob soll nun auf der weiteren Umsetzung der GAM-Strategie sowie auf der Profitabilität liegen.

GAM leidet seit Suspendierung des Investment-Managers Tim Haywood unter hohen Geldabflüssen. In der Folge der im Juli erfolgten Suspendierung hatte der Vermögensverwalter die Liquidierung der von Haywood verwalteten Fonds der "Absolute-Return-Bond-Strategie mit uneingeschränktem Anlageansatz (ARBF)" beschlossen. Alleine im dritten Quartal schrumpften die von GAM verwalteten Vermögen um 11 Prozent auf noch 146,1 Milliarden Franken.

Kein Zeitrahmen

Der neue Interims-CEO Jacob ist seit April 2017 Mitglied des GAM-Verwaltungsrats. Der 1964 geborene US-britische Doppelbürger war bei verschiedenen Finanzinstituten in leitender Funktion tätig. Von 2014 bis 2016 war er CEO des Londoner Bondspezialisten Rogge Global Partners, der 2017 von Allianz Global Investors übernommen wurde.

Einen Zeitrahmen für die Suche nach einem neuen CEO habe sich GAM bewusst nicht gegeben, sagte ein Sprecher auf Anfrage der Nachrichtenagentur AWP. "Wir wollen uns Zeit nehmen, um die beste Person zu finden." Dabei schaue sich GAM sowohl unternehmensintern wie extern nach einem Nachfolger für Friedman um. Interims-CEO Jacob stehe dabei als Nachfolger definitiv nicht zur Verfügung.

Hohe Vergütungen

Der GAM-Verwaltungsrat dankt Friedman in der Mitteilung für seine Leistungen. Er habe das Geschäft "während einer Zeit beispielloser Herausforderungen kompetent geführt", hiess es. Bei seiner Entscheidung im Juli, den "Investment Director" zu suspendieren, habe er "die volle Unterstützung des Verwaltungsrates" gehabt, betonte das Unternehmen.

Friedman hatte das Amt des GAM-CEO im Herbst 2014 übernommen. Er war in den letzten Jahren nicht zuletzt auch wegen hoher Lohnbezüge immer wieder in die Kritik geraten. Im Jahr 2017 hatte die GAM-Generalversammlung nach scharfer Kritik eines Hedgefonds gar die vorgesehenen Management-Vergütungen abgelehnt.

Zu allfälligen Abgangsentschädigungen für Friedman wollte der GAM-Sprecher am Dienstag keine Angaben machen. Über die Entschädigungen werde man bei der Publikation des Vergütungsbericht im kommenden Jahr informieren, sagte er.

Harte Entscheide

Am Aktienmarkt wurde der Abgang Friedmans als "überfälliger Schritt" bezeichnet. Neben der "Haywood-Affäre" und einer "umstrittenen Kommunikation" sei GAM in den vergangenen Monaten auch mit einem hohen Abschreiber für die 2016 übernommene Cantab und einer insgesamt unbefriedigende Fonds-Performance aufgefallen, erinnert etwa die ZKB.

Zudem dürften die Vermögensabflüsse für GAM noch nicht ausgestanden sein: Beobachter gehen davon aus, dass sich diese im Oktober zwar verringert hätten, aber "weiterhin signifikant" seien - die Bank Vontobel schätzt die Abflüsse auf über 1 Milliarde Franken. Da nun die Kosten an die deutlich gesunkenen Erträge angepasst werden müssen, dürften dem neuen GAM-Management nun "harte Entscheide" bevorstehen.

Aktie sinkt

GAM war in den vergangenen Wochen auch als mögliches Ziel für eine Übernahme genannt worden. Laut einem Bericht der "Financial Times" soll etwa die britische Schroders Interesse an einem Teil des Unternehmens bekundet haben. Bei GAM würden solche Gerüchte weiterhin nicht kommentiert, hiess es.

Am Aktienmarkt sind die GAM-Titel zunächst mit klaren Gewinnen in den Handel gestartet, die allerdings im Verlauf des Vormittags kontinuierlich abbröckelten. Gegen Mittag liegen die Aktien um 3,7 Prozent im Minus bei 5,85 Franken.

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