ROM (awp international) - Etwas versöhnlichere Töne aus Italien haben die Anleger am Montag auf Entspannung im Haushaltsstreit mit der EU-Kommission hoffen lassen. An den europäischen Börsen sorgten Äusserungen aus Rom für Kursauftrieb, besonders deutlich ging es an der italienischen Börse nach oben. Die Renditen für italienische Staatsanleihen fielen deutlich, der Zinsaufschlag gegenüber deutschen Bundesanleihen sank ebenfalls.

Die italienische Regierung gab sich zum Wochenstart etwas weniger angriffslustig als in den Wochen zuvor. Die beiden Vizepremiers Matteo Salvini und Luigi Di Maio zeigten sich bereit, mit der EU über die Höhe der Neuverschuldung im kommenden Jahr zu verhandeln. Zugleich stellten sie klar, dass sie an der Zielrichtung ihres Staatshaushalts festhalten wollen. Aus Parteikreisen der Lega wurde die Möglichkeit eines geringeren Defizitziels laut.

Italienische Staatsanleihen stiegen in der Gunst der Anleger. Ihre Kurse legten zu, im Gegenzug verminderte sich ihre Rendite. Der Zins für zehnjährige Staatstitel fiel gegen Mittag um 0,17 Prozentpunkte auf 3,24 Prozent. Die Rendite fiel damit, ebenso wie der Zinsabstand zu als sicher geltenden deutschen Bundesanleihen, auf den tiefsten Stand seit Anfang Oktober. Wegen starker Anstiege seit der Regierungsübernahme der populistischen Parteien Lega und Fünf Sterne im Frühjahr liegen die Zinsen aber immer noch in der Nähe mehrjähriger Höchststände.

An der italienischen Börse legte der Aktienindex FTSE MIB zuletzt knapp drei Prozent zu. Aktien italienischer Banken profitierten deutlich, weil diese in erheblichem Umfang italienische Staatsanleihen in ihren Büchern haben. An anderen europäischen Börsen sorgten die Nachrichten aus Italien ebenfalls für Kursauftrieb. Auch der Eurokurs legte zu.

Gefragt danach, ob das geplante Defizitziel von 2,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in Stein gemeisselt sei, sagte Lega-Chef Salvini der italienischen Nachrichtenagentur Adnkronos: "Ich denke, da ist niemand festgelegt. Wenn es ein Budget gibt, das das Land wachsen lässt, könnte es 2,2 Prozent oder 2,6 Prozent betragen." Es gehe nicht um Dezimalstellen, es gehe um Ernsthaftigkeit und darum, konkret zu sein, ergänze Salvini. Armando Siri, ein Wirtschaftsberater Salvinis, sprach in der Zeitung "Il Messaggero", von der Möglichkeit einer "Feinabstimmung des Budgets".

Ähnlich wie Salvini äusserte sich der zweite Vizepremier, Luigi Di Maio, im italienischen Radiosender "Radio Radicale". "Wenn wir im Rahmen von Verhandlungen das Defizit leicht reduzieren müssen, ist das für uns nicht wichtig." Das Problem sei nicht der Streit mit der EU über das konkrete Defizit von 2,4 Prozent. "Wichtig ist, dass das Budget unsere Hauptziele enthält." Dazu zählten die angestrebte Rentenreform, das Bürgereinkommen und niedrigere Steuern.

Regierungschef Giuseppe Conte sagte laut der Nachrichtenagentur Ansa, er wolle beim Defizit nicht über Stellen hinter dem Komma reden. Unterdessen berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg mit Bezug auf Parteikreise der rechtsnationalen Lega, dass das Staatsdefizit 2019 bei 2,0 bis 2,1 Prozent anstatt der geplanten 2,4 Prozent des BIP liegen könnte. Dies erwäge derzeit die Regierung, hiess es unter Berufung auf namentlich nicht genannte Parteikreise.

Die EU-Kommission hatte empfohlen, ein Defizitverfahren gegen Italien zu eröffnen. Italien hat einen Schuldenberg von rund 2,3 Billionen Euro - mehr als 130 Prozent der Wirtschaftsleistung. Zulässig sind nach den "Maastricht-Kriterien" höchstens 60 Prozent. Rom müsste die Verschuldung deshalb abbauen, plant aber eine deutlich höhere Neuverschuldung als die Vorgängerregierung. Brüssel hatte deshalb den Haushaltsentwurf für 2019 zurückgewiesen./bgf/lkl/jsl/fba