BAD HOMBURG (dpa-AFX) - Der Medizinkonzern Fresenius und seine Dialysetochter Fresenius Medical Care (FMC) steuern auf einen vergleichsweise ruhigen Jahresabschluss hin. Beim Blick ins nächste Jahr will sich der Mutterkonzern jedoch noch nicht festlegen. Was bei den beiden Unternehmen los ist, wie sich die Aktienkurse entwickeln und was die Analysten sagen:

WAS BEI FRESENIUS UND FMC LOS IST:

Es gab eine Zeit, da hatte sich der Gesundheitskonzern aus Bad Homburg bis 2020 ein Ergebniswachstum im zweistelligen Prozentbereich vorgenommen. Auch der Umsatz sollte bis dahin jährlich um bis zu 10 Prozent steigen. Von diesen Zielen hatte sich Fresenius Ende vergangenen Jahres verabschiedet. Zuletzt hieß es, man werde im laufenden Jahr 2019 beim Umsatz um bis zu 7 Prozent zulegen, das bereinigte Ergebnis dürfte stagnieren.

Neben bereits im Vorjahr deutlich gewordenen Problemen im Klinikgeschäft steckte dem Konzern zu Beginn 2019 noch die geplatzte Übernahme des US-Generikaherstellers Akorn in den Knochen. Auf der Hauptversammlung im Mai sah Konzernchef Stephan Sturm daher zunächst von größeren Zukäufen ab. Man wolle erst das Vertrauen der Investoren zurückgewinnen, sagte er, denn die Schwierigkeiten hatten den Aktienkurs zeitweise schwer gebeutelt.

Um Vertrauen muss derzeit auch die Dialysetochter Fresenius Medical Care kämpfen. Wegen Schmiergeldzahlungen in zahlreichen Ländern müssen sich Verantwortliche des Unternehmens strafrechtlichen Ermittlungen stellen. In den USA hat sich FMC mit den Behörden außergerichtlich geeinigt und gut 230 Millionen US-Dollar gezahlt.

Sonst stehen für FMC in den USA derzeit regulatorische Fragen im Fokus. Im Juli unterzeichnete Präsident Donald Trump ein Dekret, das die Heimdialyse bei Nierenleiden als Alternative zur stationären Behandlung stärkt. Die US-Regierung will dadurch Kosten sparen. Beobachter fürchten, dass der Vorstoß zulasten großer Dialysezentren im Land geht - FMC ist neben dem Wettbewerber DaVita einer der größten Betreiber von Dialysezentren in den Vereinigten Staaten.

Das Unternehmen selbst sieht in den Plänen eine Bestätigung seiner eigenen Strategie. Denn auch FMC will den Bereich Heimdialyse ausbauen. Ende Februar hatte es hierzu das US-Unternehmen NxStage für zwei Milliarden Dollar übernommen. Wie sich die künftigen US-Gesetze letztlich auf das Gesamtgeschäft auswirken werden, könne man noch nicht sagen, sagte ein Fresenius-Sprecher der Finanznachrichtenagentur dpa-AFX. Derzeit versorgt das Unternehmen laut eigener Angabe rund 25 000 Patienten in den USA mit Heimdialyse, Tendenz steigend.

Der Klinik-Sparte des Mutterkonzerns, Helios, machte im vergangenen Jahr vor allem ein Rückgang bei den Patientenzahlen und eine unerwartet starke Mitarbeiterfluktuation - insbesondere bei den Ärzten - zu schaffen. Mit neuen Service-Konzepten wie etwa der Telemedizin und der regionalen und fachlichen Bündelung ihrer Häuser will die Gesellschaft gegensteuern. Zuletzt konnte Helios wieder von steigenden Fallzahlen in Deutschland berichten.

Dominierendes Thema bei Helios und in der gesamten deutschen Kliniklandschaft sind neue regulatorische Vorgaben. Ab Jahresbeginn treten in Deutschland einige Neuerungen beim sogenannten Pflegepersonal-Stärkungsgesetz in Kraft. Neben der Neuregelung der Pflegepersonalkosten sieht das Gesetz vor allem Personaluntergrenzen in Kliniken vor. Helios hat daher bereits bis zur Jahresmitte rund 1000 neue Pflegekräfte eingestellt. Aktuell bleibt die seit Anfang 2017 zum Konzern gehörende spanische Klinikkette Quironsalud der verlässlichste Wachstumsträger, zudem baut Helios sein Geschäft verstärkt in Lateinamerika aus.

Eine Prognose für das kommende Jahr steht noch aus, Fresenius will sich diesbezüglich Mitte Februar äußern. Damit bleibt nur der Blick auf die neuen Mittelfristziele: In den Jahren 2020 bis 2023 plant das Unternehmen mit einem organischen Umsatzwachstum von durchschnittlich 4 bis 7 Prozent pro Jahr, der um Sondereffekte bereinigte Nettogewinn soll pro Jahr zwischen 5 bis 9 Prozent steigen. Auch bei FMC will man Anfang des Jahres konkreter werden. Bisher wird für 2020 von einem Anstieg des bereinigten Umsatzes sowie des bereinigten Konzernergebnisses im mittleren bis hohen einstelligen Prozentbereich ausgegangen. Hierbei sind die Einflüsse von Unternehmensübernahmen und -verkäufen, Strafzahlungen sowie der neue Rechnungslegungsstandard IFRS 16 unberücksichtigt.

WIE DIE AKTIE SICH ENTWICKELT:

Schaut man auf die Kurse von Fresenius und FMC, so haben sie eins gemeinsam: Nachdem sie im vergangenen Jahr ordentlich Federn lassen mussten, befinden sie sich zurzeit auf einem Erholungskurs. Fresenius hatte es ab Mitte 2017 besonders hart getroffen: Nach dem Rekordhoch im Juni mit rund 80 Euro verlor die Aktie bis Anfang Dezember 2018 mehr als die Hälfte an Wert. Einen Teil der Verluste hat das Papier seitdem wieder wettgemacht und knapp ein Drittel auf derzeit etwa 50 Euro zugelegt. Seit Anfang November ist die Aktie damit wieder stabil über der für Anleger wichtigen langfristigen 200-Tage-Linie.

Nachdem die Probleme bei FMC im Laufe des Jahres 2018 offenbar wurden, ging es sichtlich abwärts. Nach einem Rekordhoch von rund 94 Euro Anfang Februar verlor die Aktie bis Anfang 2019 mehr als 40 Prozent. Seitdem befindet sich das Papier in unruhigem Fahrwasser. Eine Erholung im Frühjahr war nur von kurzer Dauer. Nach einer weiteren kleinen Rally im Spätherbst liegt der Wert der Aktie derzeit bei rund 64 Euro. Seit Anfang November ringt der Kurs allerdings mit der 200-Tage-Linie. Im Dax rangieren die beiden Unternehmen in Sachen Performance seit Jahresbeginn im Mittelfeld.

WAS DIE ANALYSTEN SAGEN:

David Adlington von JPMorgan wünscht sich bei Fresenius ein Aktienrückkaufprogramm ähnlich dem der Tochter FMC. Diese will innerhalb von zwei Jahren eigene Aktien im Wert von 2 Milliarden Euro zurückkaufen. Einen solchen Schritt würde er bei Fresenius weiteren Unternehmenskäufen vorziehen, wie Adlington in einer Studie Anfang Dezember schrieb. Gleichwohl schloss der Experte mit Verweis auf Äußerungen des Managements weitere, zunächst eher kleine Übernahmen nicht aus. Das Kursziel von 59,40 Euro und die positive Empfehlung beließ er unverändert.

Richard Latz, Analyst der britischen Investmentbank HSBC, empfiehlt ein Halten der Fresenius-Papiere mit einem leicht angehobenen Kursziel von 53 Euro. Laut einer Ende November veröffentlichten Studie hat sich seine langfristige positive Einschätzung bestätigt. Er ist jedoch der Ansicht, dass die Talsohle noch nicht durchschritten sei.

Im dpa-AFX-Analyser halten sich positive und neutrale Einschätzungen zu Fresenius die Waage. Je acht Experten stimmen für "Halten" und für "Kaufen". Das durchschnittliche Kursziel liegt bei 55,37 Euro und damit mehr als 5 Euro über dem derzeitigen Kurs. Mit Blick auf die FMC-Aktien raten neun Analysten zum Kauf, sieben bleiben neutral. Michael Jüngling, Analyst der US-Bank Morgan Stanley, senkte Mitte Dezember indes den Daumen und sprach sich für einen Verkauf aus. Er hält die Geschäftsziele des Dialyse-Unternehmens für das kommende Jahr für zu hoch und weitere Investitionen für nötig. Das durchschnittliche Kursziel für FMC liegt bei 78,38 Euro./ssc/kro/tav/fba