(Satz im vierten Absatz gestrichen)

PARIS (dpa-AFX) - Der italienisch-amerikanische Hersteller Fiat Chrysler (FCA) und der französische Opel-Mutterkonzern PSA wollen einen globalen Autogiganten bilden. Falls eine Abmachung gelinge, würde der weltweit viertgrößte Hersteller entstehen, hieß es aus dem französischen Wirtschafts-und Finanzministerium.

Der Verwaltungsrat von PSA gab am Mittwochabend bereits grünes Licht für eine Fusion, wie Kreise der Deutschen Presse-Agentur in Paris bestätigten. Zuvor hatte das "Wall Street Journal" darüber berichtet. Das Aufsichtsorgan von Fiat Chrysler wollte sich demnach ebenfalls noch am Mittwochabend treffen. Eine Bekanntgabe der Fusion könnte bereits am Donnerstag erfolgen.

Die beiden Unternehmen hatten zuvor lediglich Gespräche bestätigt, ohne dabei Details zu der beabsichtigten Fusion mitzuteilen. Die französische Regierungssprecherin Sibeth Ndiaye signalisierte, der französische Staat sei als wichtiger PSA-Anteilseigner aufgeschlossen: "Die Konsolidierung in dieser Branche ist ein Ziel, dass von den Herstellern in diesem Sektor und dem Staat geteilt wird", sagte sie.

Der neue Verbund käme laut Branchenangaben auf einen Absatz von rund neun Millionen Fahrzeugen. Größer seien nur noch Volkswagen, Toyota und der französisch-japanische Renault-Nissan-Verbund.

Fiat Chrysler und PSA wären an der Börse zusammen rund 50 Milliarden Dollar (45 Mrd Euro) wert. Peugeot-Chef Carlos Tavares soll den Konzern laut "Wall Street Journal" als Vorstandschef führen. Der FCA-Verwaltungsratsvorsitzende John Elkann - Enkel des langjährigen Fiat-Bosses Giovanni Agnelli - würde diese Rolle auch bei dem neuen Unternehmen einnehmen. Laut Insidern ist eine Fusion "unter Gleichen" möglich. Die Aktien von FCA gingen in Mailand kräftig oben, die PSA-Papiere stiegen in Paris.

PSA führt neben Opel die Marken Peugeot, DS und Citroën. Fiat Chrysler hat die Marken Alfa Romeo, Chrysler, Dodge, Jeep, Lancia oder Maserati unter seinem Dach.

Fiat Chrysler wollte sich zuvor bereits mit dem französischen Hersteller Renault verbinden und den weltweit drittgrößten Autohersteller formieren. Die Gespräche scheiterten jedoch. Nach monatelangen Verhandlungen zog Fiat Chrysler im Juni seine Offerte für einen Zusammenschluss zurück.

Fiat Chrysler ist Einschätzung des Branchenexperten Ferdinand Dudenhöffer in einer schwierigen Lage. Diese dränge ihn zur Eile, sagte er der Deutschen Presse-Agentur: "FCA hat keine Zeit, sie sind in einer sehr schwierigen Lage, weil sie keine Elektrofahrzeuge und nur alte Technologien haben. Sie brauchen dringend und schnell einen Partner."

FCA hatte unter der Führung des mittlerweile verstorbenen Autobosses Sergio Marchionne auf große Investitionen in Elektroantriebe verzichtet. Derzeit ist der Konzern vor allem mit Spritschluckern der Marken Jeep und Ram in den USA erfolgreich.

Dudenhöffer erwartet im Falle einer Abmachung zusätzlichen Druck auf die PSA-Tochter Opel. Fiat habe große Überkapazitäten, die in Italien aber sehr schwer abzubauen seien. PSA-Chef Tavares werde zwangsläufig den Blick auch wieder auf die weiterhin vorhandenen Überkapazitäten bei Opel richten, sagte der Leiter des CAR-Instituts an der Universität Duisburg-Essen. PSA hatte Opel vor gut zwei Jahren übernommen und wieder in die Gewinnzone geführt - viele Jobs blieben dabei auf der Strecke.

Autobauer stehen unter Druck, sie müssen Milliarden in autonome Autos und Elektromobilität investieren. Eine mögliche Fusion bietet nach Ansicht des Experten Stefan Bratzel viele Chancen. PSA könnte so auf dem US-Markt Fuß fassen, sagte der Leiter des Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach. PSA sei mit seinen Marken bislang nicht in Nordamerika vertreten. FCA hat hingegen eine starke Marktposition mit Chrysler, Dodge und Jeep.

Bei einigen Analysten sorgten die Gespräche für wenig Überraschung. Der Autoexperte der NordLB, Frank Schwope, schrieb: "Auch wenn Fiat Chrysler kurz mit Renault geflirtet hat, erachten wir doch den PSA-Konzern als den "natürlicheren" Fusionspartner."

Der 1899 gegründete Autohersteller Fiat war 2014 in der Fiat Chrysler Automobiles (FCA) aufgegangen. Die Zeitung "La Repubblica" warnte, dass die französische Regierung, wie schon bei der gescheiterten Fusion mit Renault, das Projekt gefährden könnte. "In Frankreich ist die Regierung dieselbe geblieben, und sie ist Aktionärin bei Peugeot, wie sie es bei Renault war. Was hat sich geändert?", fragte das Blatt.

Der französische Staat dringt vor allem darauf, dass die Beschäftigung bei PSA gesichert wird, wie Regierungssprecherin Ndiaye sagte. PSA hat im Stammland Frankreich zahlreiche Fabriken. Der Staat hält über eine Förderbank 12,23 Prozent der Anteile von PSA und 9,75 Prozent der Stimmrechte. Weitere große Anteilseigner sind die Peugeot-Familie und der chinesische Hersteller Dongfeng.

In Rom hielt sich die Regierung zurück. "Es ist eine Marktoperation, ich glaube, es ist richtig, im Augenblick keine Erklärungen abzugeben", sagte Industrieminister Stefano Patuanelli laut Nachrichtenagentur Ansa.

Gespräche zur Konsolidierung in der Branche seien nicht überraschend, sagte VW-Finanzvorstand Frank Witter. Er wollte sich aber nicht detailliert zu Wettbewerbern äußern. Die deutschen Autobauer stecken viel Geld in die Abgasreduktion und Elektromodelle, um Strafzahlungen zu vermeiden. Volkswagen habe sich mit der eigenen Elektroplattform MEB klar positioniert, sagte Witter. Der US-Hersteller Ford will diese wegen ähnlicher Probleme wie FCA in Europa zum Bau von Elektromodellen mitnutzen./ari/ceb/cb/blu/DP/fba