FRANKFURT (dpa-AFX) - Für deutsche Technologieunternehmen, die an die Börse wollen, wird Frankfurt gegenüber den USA zu einer immer besseren Option.

"Lange Zeit war die US-Technologiebörse Nasdaq in dieser Hinsicht der einzige Weg - aber das hat sich geändert und wird sich weiter ändern", sagte Stefan Weiner, der bei der US-Investmentbank JP Morgan das Aktienemissionsgeschäft für Deutschland leitet, am Dienstag vor Journalisten. "Immer mehr Tech-Unternehmen gehen in Frankfurt an die Börse, diesen Trend werden wir in den kommenden Jahren verstärkt sehen."

Der wesentliche Grund dafür ist laut Weiner, dass große institutionelle Investoren immer offener für Tech-Börsengänge in Deutschland sind. Das kommt den emittierenden Firmen gelegen. "Für deutsche Unternehmen ist ein Listing an der Nasdaq teurer und komplizierter." Alternativlos sei die Nasdaq aus seiner Sicht nur noch im Subsektor Biotech.

Zuletzt hat der Online-Möbelversand Westwing angekündigt, in Frankfurt eine Erstemission anzustreben. Wettbewerber Home24 ist dort im Juni an die Börse gegangen.

"In Zukunft werden wir verstärkt auch Börsengänge von Tech-Unternehmen abseits vom E-Commerce sehen", betonte Christian Kames, der das Investmentbanking von JP Morgan in Deutschland leitet. "Auch solche mit einer Bewertung von einer Milliarde Euro und mehr."

In den USA sind börsennotierte Tech-Unternehmen wie Facebook dafür bekannt, die Stimmrechte der Aktionäre stark einzuschränken - in erster Linie durch nicht stimmberechtigte so genannte B-Aktien. Auch in Deutschland gebe es Tech-Unternehmer, die daran interessiert seien, als Minderheitseigner das Sagen zu behalten, so Carsten Berrar, Co-Chef des Kapitalmarktbereichs der Wirtschaftskanzlei Sullivan & Cromwell in Deutschland.

Allerdings seien die Möglichkeiten, dies bei einem hier börsennotierten Unternehmen zu tun, eingeschränkt. "Entsprechende gesetzliche Grundlagen wurden hier in Deutschland auf Druck der Investoren in den 1990er-Jahren abgeschafft", so der Rechtsanwalt. Der gängigste Weg für Unternehmer, die Wert auf Kontrolle legen, sei die Rechtsform einer Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA), die es ermögliche, manche Entscheidungen nicht auf der Hauptversammlung zur Abstimmung zu stellen, wie Aktiengesellschaften es tun.

"Damit eine KGaA rechtlich möglich ist, muss der Unternehmer allerdings einen Aktienanteil von mindestens 20 Prozent halten", führte Berrar aus. Bei einem Aktienbesitz von mehr als der Hälfte sei das Konstrukt auf der anderen Seite nicht mehr notwendig, weil ein Mehrheitsinhaber ohnehin die Geschicke des Unternehmens weitgehend lenken kann. Immerhin sei die KGaA als Rechtsform bei den Investoren weitgehend akzeptiert, sagte JP-Morgan-Chefinvestmentbanker Kames. "Da wird im Vergleich zu Aktiengesellschaften in der Bewertung kein Abschlag verlangt."/fba/ag/she