US-Präsident Donald Trump nimmt nach Ärger mit Twitter die sozialen Medien ins Visier.

Trump, der sich mitten im Wahlkampf um die Wiederwahl befindet, unterzeichnete am Donnerstag eine Verordnung, die gewisse Schutzmechanismen für die Online-Plattformen außer Kraft setzen könnte. Letztlich könnte dies dazu führen, das Netzwerke wie Twitter, Facebook oder Google Verantwortung für Inhalte übernehmen müssen, die ihre Nutzer veröffentlichen. Bisher schützte sie das Gesetz davor. Zuvor hatte Twitter erstmals Tweets des Präsidenten mit einem Aufruf zu einem Faktencheck versehen. Der Kurnachrichtendienst zeigte sich von Trumps Vorgehen offenkundig unbeeindruckt und kennzeichnete am Freitag einen weiteren Tweet mit einem Warnhinweis.

Trump, der über Twitter täglich Politik macht und auf mehr als 80 Millionen Follower kommt, ärgert sich über neue Maßnahmen zur Bekämpfung von Falschinformationen durch Twitter, die ihn selbst betreffen. Auslöser war, dass die Plattform erstmals zwei Tweets von Trump mit Warnhinweisen versehen hatte, die den Leser aufforderten, Fakten zu prüfen. In ihnen stellte Trump die Behauptung auf, dass eine Briefwahl "im Wesentlichen betrügerisch" sei und zu einer "manipulierten Wahl" führen würde. Hintergrund sind Überlegungen, angesichts des Ansteckungsrisikos wegen der Corona-Pandemie bei der Präsidentenwahl im November die Briefwahl auszuweiten. Trump wertete den Warnhinweis von Twitter als Unterdrückung der Meinungsfreiheit.

TWITTER KENNZEICHNET WEITEREN TRUMP-TWEET MIT WARNHINWEIS

Twitter ließ sich von der Verordnung nicht abschrecken und versah einen weiteren Tweet Trumps mit einem Warnhinweis. So erklärte der Kurznachrichtendienst, zu dessen fleißigsten Nutzern Trump gehört, ein Tweet des Republikaners hinsichtlich der Proteste gegen den Tod eines unbewaffneten Schwarzen bei einem Polizeieinsatz in Minneapolis "verherrliche Gewalt" und verstoße damit gegen Twitter-Vorgaben. Soziale Medien sind nach mehreren Skandalen weltweit dazu angehalten, Falschinformationen und gewaltverherrlichende Inhalte schneller zu bekämpfen.

Bei der Regulierung der Internetkonzerne, die entsprechende Plattformen betreiben, will Trump nun auf das Tempo drücken. Er kündigte an, Justizminister William Barr werde sich sofort an einen Gesetzesentwurf setzen. "Ich denke, wir können sagen, wir werden das regulieren", sagte Trump beim Unterzeichnen der Verordnung und ergänzte, es sei möglich, dass auch Demokraten das Vorhaben unterstützten. Die demokratische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, nannte das Vorgehen Trumps allerdings "ungeheuerlich" und bezeichnete es als Ablenkungsmanöver in der Corona-Krise. Justizprofessor Jack Balkin von der Yale-Universität sagte, der Präsident versuche, soziale Medien einzuschüchtern und unter Druck zu setzen, damit sie ihn in Ruhe ließen.

Die betroffenen Konzerne reagierten mit Unverständnis und Empörung. Twitter nannte das Vorgehen von Trump reaktionär. Damit werde die Zukunft der Meinungsäußerungen im Internet bedroht. Eine Sprecherin von Google erklärte, mit der Verordnung werde die amerikanische Wirtschaft beschädigt. Ein Sprecher von Facebook warnte, die Verordnung werde dazu führen, dass die Netzwerke alles zensieren würden, was irgendjemanden beleidigen könnte. Trump steckt einen Großteil seiner Werbemittel in das weltgrößte soziale Netzwerk.

Die Twitter-Aktie verlor am Abend vier Prozent, Google ging ebenfalls mit einem Minus aus dem Handel.