(neu: Aussagen aus der Telefonkonferenz, Analysten, Aktienkurs)

ESSEN (dpa-AFX) - Niedrigere Preise für Tierfuttereiweiß haben den Spezialchemiekonzern Evonik auch zum Jahresstart belastet. Dank einer Übernahme und einer höheren Nachfrage legten Umsatz und operatives Ergebnis im ersten Quartal aber überraschend deutlich zu. Der Gewinn sackte wegen hoher Kosten im Zuge der Zukäufe jedoch ab.

"Die Verbindung aus organischem Wachstum und strategischen Akquisitionen hat unser Unternehmen gestärkt", sagte der scheidende Evonik-Chef Klaus Engel am Freitag bei der Zahlenvorlage in Essen. Evonik sei auf einem guten Weg, weniger anfällig für Konjunkturzyklen und ausgeglichener im Portfolio zu sein. Die Prognosen für das laufende Jahr bestätigte der Manager. Finanzchefin Ute Wolf sprach vor Analysten von einem vielversprechenden Start in das zweite Quartal.

Der MDax-Konzern hatte zuletzt für 3,8 Milliarden US-Dollar etwa das Spezialadditiv-Geschäft des US-Konkurrenten Air Products geschluckt. Das war die größte Übernahme in der Firmengeschichte. Die Integration verlaufe "reibungslos", hieß es nun. Auch die Übernahme des Kieselsäure-Geschäfts des US-Unternehmens J.M. Huber sei auf einem guten Weg. Einen Abschluss erwartet das Management in der zweiten Jahreshälfte. Kosten im Zuge der Übernahme drückten aber zum Jahresstart auf den Gewinn. Dieser gab im ersten Quartal um ein Drittel auf 160 Millionen Euro nach.

Der Umsatz legte jedoch insgesamt um 19 Prozent auf 3,68 Milliarden Euro zu. Die Nachfrage nach Spezialchemikalien wie Kieselsäuren, Beschichtungs-Additiven und Produkten für den Pharmabereich sorgte für Schwung. Der bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) wuchs mit 8 Prozent auf 612 Millionen Euro aber bei weitem nicht so stark wie der Umsatz. Die operative Marge verschlechterte sich um 1,6 Prozentpunkte auf 16,6 Prozent. Analysten hatten im Schnitt insgesamt weniger erwartet. "Der erfolgreiche Start in das Jahr zeigt, dass wir mit unserer Wachstumsstrategie auf dem richtigen Weg sind", erklärte Engel.

Am Finanzmarkt konnte Evonik nicht punkten. Der Kurs der Aktien sank gegen Mittag um gut ein Prozent. DZ-Bank Analyst Peter Spengler verwies auf das nach wie vor stark gedrückte Preisniveau bei Tierfuttereiweiß (Methionin) und Supersaugstoffen, die etwa in Baby-Windeln verwendet werden. Bernstein-Analyst Gunther Zechmann hob indes die starke Nachfrage hervor. Angesichts der Ziele für das zweite Quartal erscheine die bestätigte Jahresprognose als sehr konservativ. Das Wachstum beim operativen Ergebnis im ersten Quartal, das sich auch im zweiten fortsetzen solle, signalisiert laut Commerzbank-Analyst Michael Schäfer einen starken Start in das Jahr.

Für das laufende Jahr stellte Engel auch dank der jüngsten Zukäufe weiterhin eine Steigerung von Umsatz und operativem Ergebnis in Aussicht. Der operative Gewinn dürfte bei 2,2 bis 2,4 Milliarden Euro liegen, nach 2,17 Milliarden ein Jahr zuvor. Im Durchschnitt dürften die Preise der für die Tierernährung wichtigen Aminosäuren niedriger sein. Zu Beginn des Jahres 2016 hatten sie noch auf einem hohen Niveau gelegen.

Nach der Hauptversammlung am 23. Mai übernimmt der bisherige Vize Christian Kullmann das Ruder im Vorstand. Am 1. Juni will er bei einer Investorenkonferenz in London ein Update zur Strategie liefern. Mit den jüngsten Übernahmen verringert Evonik seine starke Abhängigkeit von einzelnen Produkten. Der Konzern mit weltweit gut 35 000 Mitarbeitern gehört mehrheitlich der deutschen Steinkohlestiftung RAG. Diese muss aus ihren Einnahmen die Folgelasten des Steinkohlebergbaus finanzieren./jha/nas/she