"Es geht in Deutschland darum, dass wir sehr viel investieren", sagte der SPD-Politiker am Montag in Berlin. Es gehe um Infrastruktur, Schulen, Krankenhäuser, Klimawandel und gleichwertige Lebensverhältnisse. "Alles das wird jetzt etwas einfacher, weil wir dazu die notwendige Kraft haben." Mit dem Überschuss aus dem Jahr 2019 wächst das Finanzpolster des Bundes auf über 48 Milliarden Euro. Davon sind nach Angaben aus dem Finanzministerium 17,1 Milliarden Euro noch nicht verplant.

Aus der Union kam prompt die Forderung, nun über weitere Steuerentlastungen zu reden. Der Überschuss widerlege "die Behauptung des Bundesfinanzministers, dass für Entlastung der Bürger kein Spielraum vorhanden ist", sagte CSU-Politiker Hans Michelbach. CDU-Haushälter Eckhardt Rehberg sagte: "Angesichts der schwierigen konjunkturellen Lage müssen wir endlich eine Senkung der Unternehmenssteuern und den endgültigen Abbau des Solidaritätszuschlags ab 2022 in Angriff nehmen."

Auch FDP-Chef Christian Lindner forderte Steuersenkungen. "Wir brauchen eine breitflächige Steuerentlastung, vom Mittelstandsbauch bis zum Solidaritätszuschlag, vom Sparerfreibetrag bis zur Grunderwerbsteuer", sagte Lindner der "Augsburger Allgemeinen". Aus der SPD hieß es dagegen, die Mittel müssten für zusätzliche Investitionen verwendet werden. "Diese Reserven benötigen wir, um auch in kommenden Jahren die Investitionen weiter auf Rekordniveau zu halten und dabei keine neuen Schulden aufzunehmen", sagte SPD-Haushälter Johannes Kahrs. Grünen-Haushälter Sven-Christian Kindler erklärte, der hohe Überschuss sei kein Grund zur Freude, da er das Ergebnis schlecht abgeflossener Mittel für Investitionen sei.

HÖCHSTER ÜBERSCHUSS SEIT DER WIEDERVEREINIGUNG

Gründe für das unerwartet hohe Plus im vergangenen Jahr waren nach Angaben des Finanzministeriums nicht abgeflossene Haushaltsmittel, geringere Zinsausgaben und nicht abgeführte Mittel an die Europäische Union (EU), die der Bund als Vorsorge für einen Brexit zurückgestellt hatte. Dies sei der höchste Etat-Überschuss seit der Wiedervereinigung und der sechste Etatabschluss in Folge ohne Neuverschuldung. Das in der sogenannten Asyl-Rücklage geparkte Finanzpolster des Bundes wachse damit auf 48,2 Milliarden Euro. Unter dem Strich fiel der Haushaltsabschluss um rund 19 Milliarden Euro besser aus als geplant, da anstelle des Überschusses eine Entnahme von 5,5 Milliarden Euro aus der Asyl-Rücklage geplant war.

Der Streit dürfte nun darüber entbrennen, wofür die noch unverplanten 17,1 Milliarden Euro eingesetzt werden. Scholz setzte mit der Aussage für höhere Investitionen erste Pflöcke. Der Etat für 2020 sieht Investitionen von 42,9 Milliarden Euro vor. Um sie bis zum Jahr 2024 auf dieser Höhe zu halten, müsste der Bund jährlich rund drei Milliarden Euro mehr aufwenden als bisher geplant: Die Finanzplanung bis 2023 sieht dafür jährlich nur 39,8 Milliarden Euro vor. Höhere Investitionen sind auch eine Forderung des SPD-Parteitages, über die die neue SPD-Führung am 29. Januar im Koalitionsausschuss sprechen will.

Aus dem Finanzministerium hieß es, bei den Steuereinnahmen seien die Zeiten vorbei, in denen die Mehreinnahmen die Schätzungen stets übertroffen hätten. "Wir kommen jetzt bei den Steuern in einen Normalzustand", hieß es aus dem Ministerium. Der Mittelabfluss für Investitionen habe sich beim Bund verbessert. Rund 98 Prozent der für Investitionen vorgesehenen Mittel seien abgerufen worden. Das seien 38,1 Milliarden Euro gewesen. Kommunen und Länder müssten allerdings auf ihren Ebenen sicherstellen, dass das Geld auch ausgegeben werden könne.