Die Corona-Krise hat die Deutsche Bahn tief in die roten Zahlen fahren lassen und bereits zum Halbjahr für den größten Verlust ihrer Geschichte gesorgt.

Das Minus unterm Strich summierte sich auf 3,7 Milliarden Euro, wie Bahnchef Richard Lutz am Donnerstag bestätigte. Bereits aus dem regulären Betrieb ergab sich ein Verlust von 1,8 Milliarden Euro vor Steuern und Zinszahlungen. Dieser werde im Gesamtjahr wohl auf 3,5 Milliarden Euro anschwellen, schätzte die Bahn. "Das Virus hat unseren erfolgreichen Wachstumskurs jäh ausgebremst und die Deutsche Bahn in die schlimmste finanzielle Krise seit ihrem Bestehen gestürzt", räumte Lutz ein. Zum Betriebsverlust im ersten Halbjahr addierten sich noch eine Abschreibung bei der Nahverkehrstochter Arriva von 1,4 Milliarden Euro, weitere Sondereffekte sowie Steuern zum Minus von 3,7 Milliarden Euro.

Die Bahn hatte im März und April zeitweise nur noch zehn Prozent der üblichen Passagierzahlen. Sie fuhr aber auch auf Wunsch der Bundesregierung bis zu 90 Prozent ihrer Züge. "Die Schiene ist systemrelevant", betonte Lutz. Der Trend zu klimafreundlichem Verkehr werde auch nach Corona ungebrochen sein. So investiere man weiter und stelle auch ein. Allein im ersten Halbjahr habe man 19.000 Zusagen an Bewerber gegeben. Der Konzern setzt für die Zukunft nun auf Hilfe des Steuerzahlers.

BAHN SCHON VOR CORONA TIEF IN SCHULDEN UND KRISE

Bis auf wenige Ausnahmen traf die Krise alle Sparten des Konzerns. Der Umsatz sackte auf 19,4 Milliarden Euro von 22 Milliarden Euro im Vorjahreszeitraum ab. Im Gesamtjahr werden mit 38,5 Milliarden fast sechs Milliarden Euro weniger Erlöse erwartet.

Die britische Tochter Arriva, in der das Auslandsgeschäft im Nahverkehr gebündelt ist, litt unter Corona und dem Brexit gleich doppelt. Auf den Firmenwert mussten daher 1,4 Milliarden Euro abgeschrieben werden. Arriva sollte ursprünglich für einen Milliarden-Betrag verkauft werden. Auch die seit vielen Jahren kriselnde Güterbahn DB Cargo musste weitere Einbußen hinnehmen. Sie hielt sich aber vergleichsweise gut und kommt laut Bahn dieses Jahr nach einer Sonderprüfung um Abschreibungen herum.

Als Lichtblick zeigte sich die internationale Spedition Schenker: Sie büßte zwar auch Umsatz ein, hohe Gewinne bei der Luftfracht im Zuge der Corona-Krise ließen das Ergebnis jedoch sogar höher ausfallen als im Vorjahreszeitraum. Die Bahn erwartet bei Schenker auch im Gesamtjahr schwarze Zahlen. Die Schulden des Konzerns kletterten jedoch im ersten Halbjahr um weitere gut drei Milliarden auf über 27 Milliarden Euro.

Allerdings hatte die Bahn schon vor der Corona-Krise erhebliche Schwierigkeiten nicht nur bei der Güterbahn. Die Schulden wuchsen rasant, der Konzern konnte aus eigenen Mitteln selbst die nötigsten Investitionen nicht mehr bezahlen.

Die Bundesregierung will den Staatskonzern unter anderem mit einer Kapitalspritze von über fünf Milliarden Euro stützen. Etwa vier Milliarden Euro will der Konzern bis 2024 selbst einsparen, dabei die Hälfte beim Personal. Da wegen der überalterten Belegschaft weiter eingestellt wird, geht es in den Verhandlungen mit den Arbeitnehmern unter anderem um Arbeitszeiten und Verzicht auf Gehaltserhöhungen.

Grüne und FDP warnten davor, die grundlegenden Probleme des Konzerns mit Steuermilliarden zuzuschütten. Man brauche eine Bahnreform, das Unternehmen müsse sich mittelfristig von allen Aktivitäten trennen, die nicht zur Eisenbahn in Deutschland gehörten, verlangte Grünen-Experte Matthias Gastel. Auch sein FDP-Kollege Torsten Herbst forderte eine Konzentration aufs Inlandsgeschäft. Im Ausland mache die Bahn aber derzeit noch 40 Prozent des Umsatzes.