Der Pharma- und Spezialchemiekonzern hat Versum mit einem höheren Angebot nun doch für sich gewinnen können, nachdem die Amerikaner den Übernahmeavancen aus Deutschland bisher die kalte Schulter zeigten. Merck schlägt jetzt einen Preis von 53 Dollar je Aktie in bar statt der zuvor offerierten 48 Dollar vor, wie beide Unternehmen am Montag mitteilten. Der Vorstand des US-Konzerns findet das Angebot nun besser als den bislang geplanten Zusammenschluss mit dem Wettbewerber Entegris. Den Fusionsvertrag mit Entegris will Versum daher kündigen und sich mit Merck einigen.

Noch ist der inklusive Schulden knapp 6,5 Milliarden Dollar schwere Deal aber nicht in trockenen Tüchern: Bis zum 11. April könnte Entegris noch Änderungen an dem Fusionsvertrag vorschlagen. Allerdings teilte der US-Konzern noch am Montag mit, er habe seine Optionen geprüft und wolle "derzeit" keine Änderung des Vertrags vorschlagen. Bei einer Vertragskündigung durch Versum stünde Entegris eine Zahlung über 140 Millionen Dollar zu.

Merck war zu dem höheren Übernahmepreis bereit, nachdem es Einblick in die Bücher von Versum erhielt, wie ein Merck-Sprecher erläuterte. Es kam zudem zu zwei Treffen von Merck-Chef Stefan Oschmann und Versum-Verwaltungsratschef Seifi Ghasemi, eines am vergangenen Mittwoch in New York sowie eines am Samstag in München. An der Börse war schon über eine höhere Offerte spekuliert worden, nachdem Versum-Aktien zuletzt mit gut 51 Dollar deutlich über dem bisherigen Angebot lagen.

VERSUM-KAUF SOLL SCHWÄCHELNDES SPEZIALCHEMIEGESCHÄFT STÄRKEN

Merck hatte Ende Febuar sein Interesse an Versum publik gemacht und war damit in die schon einen Monat zuvor vereinbarte Fusion des Unternehmens mit Entegris gegrätscht. Nachdem das Versum-Management Merck wiederholt zurückwies, legte das Darmstädter Unternehmen Ende März eine feindliche Offerte an die Aktionäre vor. Es wäre der erste feindliche Übernahmeversuch eines deutschen Unternehmens in den USA seit dem Kauf des Katalysatorenherstellers Engelhard durch BASF 2006, der letztlich aber ein freundliches Ende fand.

Versum hatte zuletzt zwar das Angebot von Merck weiter abgelehnt, aber erstmals Gesprächsbereitschaft gezeigt. Denn Merck hatte eine höhere Offerte signalisiert, wenn der Konzern weitere Informationen im Rahmen einer Due-Dilligence bekäme. Bei dem Deal mit Entegris sollten die Aktionäre von Versum für jede gehaltene Aktie 1,120 Entegris-Anteilsscheine bekommen, das entspricht gegenwärtig einem Wert von gut 42 Dollar je Entegris-Aktie. Mit der Übernehme von Versum will Merck sein zuletzt schwächelndes Spezialchemiegeschäft weiter ausbauen und stärker ins Geschäft mit der Chip- und Display-Industrie kommen. Zuletzt hatte Merck diesen Bereich 2014 mit der Übernahme der britischen AZ Electronic Materials gestärkt.