Der Energiekonzern Uniper macht sich auf zu neuen Ufern.

Nach dem weitgehenden Abschied von der Kohleverstromung in Deutschland bis 2025 und dem Abschluss der beiden großen Kraftwerksprojekte Datteln 4 in NRW und Berjosowskaja 3 in Russland baut der Versorger eine Reihe neuer Geschäfte auf. "Das Geld, das wir bisher für beide Projekte investiert haben, wird mittelfristig frei für andere", sagte Vorstandschef Andreas Schierenbeck in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview der Nachrichtenagentur Reuters. "In Datteln 4 haben wir mehr als 1,5 Milliarden Euro investiert, in Berjosowskaja 3 einen hohen dreistelligen Millionenbetrag." Die frühere E.ON-Kraftwerkstochter will auf Dauer mit neuen Geschäften die wegfallenden Beiträge aus der Kohle komplett ersetzen, die zuletzt ein Fünftel der Einnahmen ausmachten.

"Wir wollen parallel zum Ausstieg aus der Kohle andere Geschäfte ausbauen", erklärt Vorstandsmitglied David Bryson. Hierzu gehöre das Dienstleistungsgeschäft. "Wir beraten etwa Kunden dabei, wie sie ihre Datenzentren mit Strom versorgen oder kühlen." Rechenzentren sind wahre Stromfresser. Neben der eigentlichen Rechenleistung müssen die Anlagen stets gekühlt werden. Ihr Anteil am Stromverbrauch dürfte im Zuge der Digitalisierung stark zunehmen. Uniper will nach Brysons Worten die Kunden nicht nur dabei beraten, wie sie den Stromverbrauch verringern können. "Wir helfen ihnen etwa, ihren Stromverbrauch zu dekarbonisieren und auf Erneuerbare Energien umzustellen." Zum Dienstleistungsgeschäft gehöre auch, die Kunden beim Abschluss von Verträgen zu beraten.

UNIPERS NEUE ENERGIEWELT - MEHR GAS, ÖKOSTROM, WASSERSTOFF

Der früher als E.ON-Resterampe verschriene Stromerzeuger gehört neben RWE zu den von Umweltschützern am stärksten kritisierten Versorgern. Sie kaufen dem Unternehmen aus Düsseldorf die grünen Ankündigungen nicht ab. So will Uniper zwar bis 2025 in Deutschland weitgehend aus der Kohleverstromung aussteigen - das Steinkohlekraftwerk Datteln 4 soll jedoch nach der Inbetriebnahme in diesem Sommer womöglich noch bis 2038 laufen.

Der Konzern hält dagegen. "Uniper wird bis zum Jahr 2022 etwa 1,2 Milliarden Euro in Projekte investieren, die den Übergang in eine CO2-reduzierte Energiewelt beschleunigen." Vorstandsmitglied Bryson zufolge will der Konzern bei dem Ausbau neuer Geschäfte auch die eigene Ökostromproduktion ausweiten. "Dabei sind auch Zukäufe möglich." Uniper schließe grundsätzlich keine Optionen aus ? Photovoltaik, Wasser, Wind oder Solar. Onshore-Wind-Projekte seien dabei grundsätzlich mit weniger Risiken verbunden. Bislang verfügt Uniper über Wasserkraftwerke mit einer Leistung von 3,6 Gigawatt. Die Kohlekraftwerke kommen auf 9,2 Gigawatt.

Auch im Gasgeschäft, das heute bereits eine große Rolle spielt, will Uniper zulegen und schließt den Bau neuer Gaskraftwerke nicht aus. Ältere Kohleanlagen wie in Gelsenkirchen-Scholven werden zum Teil auf Gas umgestellt.

"Außerdem wollen wir das Zukunftsgeschäft mit Wasserstoff und mit LNG ausbauen", kündigte der in Birmingham geborene Diplom-Ingenieur an, der im November als Chief Operating Officer in den Uniper-Vorstand aufgestiegen war. Vorher war der 52-Jährige unter anderem für den internationalen Betrieb des operativen Kraftwerksgeschäfts verantwortlich. Das Thema Wasserstoff ist auch für die Bundesregierung von großer Bedeutung für die Energiewende und die Klimaschutzziele. Der Brennstoff wird dabei wohl zu großen Teilen aus dem Ausland kommen. Auch hier könnte Uniper mitmischen, bezieht der Konzern und seine Vorgänger doch seit Jahrzehnten Gas vom russischen Gazprom-Konzern und verfügt über Kavernen, in denen der Stoff gelagert werden könnte. "Wir haben Pipelines, die zu 80 Prozent technisch bereit sind, auch Wasserstoff zu transportieren." In den kommenden Wochen könne der Konzern möglicherweise Details über eine Partnerschaft im Bereich Wasserstoff bekanntgeben.