PARIS (dpa-AFX) - Angesichts der Schwierigkeiten beim Bau des Atomreaktors in Flamanville am Ärmelkanal hat sich die französische Regierung mit deutlichen Worten eingeschaltet. Wirtschaftsminister Bruno Le Maire forderte am Montag den Energiekonzern EDF auf, innerhalb eines Monats einen Aktionsplan vorzulegen. Der Bau des Atomreaktors sei ein "Misserfolg" für die französische Kernkraftindustrie, daraus müssten Lehren und Konsequenzen gezogen werden, betonte der mächtige Minister bei der Vorstellung eines Berichts über die Ursachen der Rückschläge. Die französische Atomindustrie müsse wieder höchsten Standards entsprechen.

Die Kosten für den Bau Reaktors waren zuletzt explodiert und liegen mittlerweile bei einem Vielfachen der ursprünglich geplanten Ausgaben. Auch die Inbetriebnahme hatte sich mehrere Male verschoben, Grund sind etwa Probleme an den Schweißnähten. Der Reaktor wird nicht vor Ende des Jahres 2022 ans Netz gehen. "Der Atomreaktor in Flamanville sollte bei einer Bauzeit von viereinhalb Jahren etwas mehr als drei Milliarden Euro kosten", sagte Le Maire. Der Bau werde nun mehr als zwölf Milliarden Euro kosten und 15 Jahre dauern.

Auch der Bau neuer Reaktoren im Land hänge nun von den weiteren Entwicklungen in Flamanville ab, fügte Umweltministerin Elisabeth Borne hinzu. Man habe EDF gebeten, bis Mitte 2021 entsprechende Machbarkeitsstudien für den Bau vorzulegen, werde aber zu diesem Zeitpunkt noch keine Entscheidung darüber treffen. EDF-Konzernchef Jean-Bernard Lévy hatte zuletzt erklärt, dass Frankreich sich auf den Bau neuer Atomkraftwerke vorbereite und den Energiegiganten mit entsprechenden Studien beauftragt habe.

Frankreich gilt als "Atomland" und betreibt nach früheren Angaben 58 Atomreaktoren. Mehr als 70 Prozent der französischen Stromproduktion kommen aus der Kernkraft. EDF gehört mehrheitlich dem französischen Staat./nau/DP/zb