ESSEN (dpa-AFX) - Innogy erwartet auch in der zweiten Jahreshälfte keine Entspannung im britischen Vertriebsgeschäft. Der operative Verlust (Ebit) in dieser Sparte könne sich deshalb bis Jahresende mehr als verdoppeln, wie Innogy am Freitag bei der Vorlage der Halbjahreszahlen in Essen mitteilte. In den ersten sechs Monaten lag der operative Verlust in diesem Bereich bei 81 Millionen Euro. Am Ende des Jahres könnte er auf 250 Millionen Euro ansteigen, sagte der Finanzchef Bernhard Günther während einer Telefonkonferenz. Die Zahl der Kunden sinkt in Großbritannien, gleichzeitig hat die Regierung dort Preisobergrenzen eingeführt.

Zusätzlich musste der Konzern wegen des Verkaufs des tschechischen Gasnetzgeschäfts und gestiegener Großhandelspreise im ersten Halbjahr Abstriche machen. Der Aktienkurs des kurz vor der geplanten Übernahme durch Eon stehenden Konzerns reagierte gegen Mittag mit einem Minus von einem Prozent.

Das Ergebnis sei zwar wie erwartet ausgefallen, schrieb Experte Ahmed Farman vom Analysehaus Jefferies. Die gestiegene Nettoverschuldung könnte allerdings die entsprechende Konsensschätzung für 2019 gefährden. John Musk vom Analysehaus RBC sieht darin zusätzlich ein Problem für die künftige Innogy-Muttergesellschaft Eon.

Weil die Zahlen allerdings im Rahmen der Erwartungen lägen, bestätigte das Innogy-Management die Ziele für das laufende Geschäftsjahr. Konzernchef Uwe Tigges rechnet insgesamt weiter mit einem bereinigten Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) von rund 2,3 Milliarden Euro und einem bereinigten Nettoergebnis von etwa 850 Millionen Euro.

In den ersten sechs Monaten sank das bereinigte Nettoergebnis des Energiekonzerns im Vergleich zum Vorjahr um gut ein Viertel auf 488 Millionen Euro. Auch das operative Ergebnis ging zurück und erreichte nur noch 1,3 Milliarden Euro - knapp 16 Prozent weniger ein Jahr zuvor. Mit rund 19 Milliarden lag der Umsatz zwischen Januar und Juni um 1,7 Prozent unter dem Wert im Vorjahreszeitraum.

Deutlich schlechter lief es im Tagesgeschäft für Innogy erneut im Vertrieb. Zwar ist Großbritannien das Sorgenkind, aber auch in den anderen Ländern sinkt das operative Ergebnis. Den Großteil des operativen Gewinns steuert der Geschäftsbereich Netz & Infrastruktur mit 970 Millionen Euro bei, der vergleichsweise nur geringe Abstriche machen musste. Diese resultierten aus dem Verkauf des tschechischen Gasnetzgeschäfts Ende Februar.

Am besten entwickelt sich prozentual der Bereich der Erneuerbaren Energien. Grund dafür waren höhere Marktpreise und bessere Witterungsbedingungen. Dieses Geschäft soll nach der Übernahme durch Eon wieder an RWE gehen.

Innogy steht damit weiterhin kurz vor der Zerschlagung. Im Rahmen eines Deals haben RWE und Eon sich darauf geeinigt, dass RWE den Bereich der Erneuerbaren Energien von Innogy übernimmt, an Eon gehen dauerhaft die Geschäfte mit Netz und Vertrieb. Die Europäische Kommission prüft derzeit die Übernahme. Eon bereits Zugeständnisse gemacht. Die Konzerne rechnen mit einer Entscheidung der EU in einigen Wochen./knd/mne/jha/